Der erste Fall für Lennard Lomberg bei Kiepenheuer und Witsch

Von der Geldmacherei mit der Kunst

Leicht genervt reagiert der Kunstexperte Lennard Lomberg, als ihn auf dem Weg zum Flughafen ein Anruf erreicht. Der Anrufer drängt ihn, die Rückgabe von Beutekunst zu organisieren: Ein als verschollen geltendes kubistisches Gemälde soll sich zu Unrecht im Besitz einer französischen Stiftung befinden. Lomberg, auf dem Weg, das Wochenende in London zu verbringen, verabredet sich für den kommenden Montag mit dem Anrufer in der Flughafenkneipe, doch der taucht nicht auf. Der Mann wurde in einem Bonner Hotelzimmer ermordet und Lomberg steht bald im Visier der Ermittler. Doch auch er selbst will herausfinden, was dem Mann zugestoßen ist, und vor allem, was er mit den Bemerkungen über die Vergangenheit von Lombergs Vater gemeint hat.

So beginnt Andreas Storms Erstling, Auftakt einer Reihe um Lennard Lomberg. Wie nicht anders zu erwarten, führt ein Teil der Geschichte in das von den Deutschen besetzte Paris, in dem nicht nur die jüdischen Kunsthändler ihres Besitzes beraubt und die Museen geplündert werden, sondern in dem die Nazis sich auch munter gegenseitig beklauen. Der Roman folgt dem Werk des Kubismus über die Schweiz nach Deutschland und dem Weg von Lombergs Vater vom kriegsversehrten Wehrmachtssoldaten in Paris bis in Amt und Würden in der jungen Bundesrepublik. Und nicht nur er kann sich gut einrichten in der BRD, auch andere Folterknechte haben es gemütlich im Wirtschaftswunderland. Der etwas zu glamouröse Lomberg (schöne Tochter, schöne Freundin bei einer Luxemburger Bank, schöne Karriere, die er auf ihrem Höhepunkt an den Nagel hängt, schönes Altbauhaus mitten in Bonn und schöner Jaguar inklusive) versucht derweil hinter das Geheimnis seines Vaters und des unbekannten Gemäldes zu kommen und jettet dabei weltgewandt mal hierhin, mal dorthin. Und über allem schwebt die Frage danach, wer der Urheber des unbekannten Gemäldes ist. Sollte Lomberg tatsächlich einem bisher unbekannten Picasso auf der Spur sein?

Wer einen seichten Krimi zum Abschalten sucht, ist bei Andreas Storm richtig – nur darf man sich von ein wenig klischeehaften Figuren nicht abschrecken lassen. Ansonsten bildet der Krimi auf durchaus unterhaltsame Art Einblicke in das Geschäft mit der Beutekunst – damals und heute. Wer meint, dass die großen Anwaltskanzleien, die sich auf Beutekunst spezialisiert haben, uneigennützig im Auftrag des Guten handeln, wird eines Anderen belehrt. Nicht umsonst hat Storm seinem Buch ein Zitat von Picasso vorangestellt: „Museen sind nichts weiter als ein Haufen Lügen. Und die Leute, die aus der Kunst ein Geschäft machen, sind meistens Betrüger.“

Cover - Von der Geldmacherei mit der Kunst - Andreas Storm, Das neunte Gemälde, Kiepenheuer und Witsch - Vermischtes


Andreas Storm
Das neunte Gemälde
Kiepenheuer und Witsch, 17 Euro


  • Aktuelle Beiträge
Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Von der Geldmacherei mit der Kunst", UZ vom 7. April 2023



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit