Die Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit für lohnabhängig Beschäftigte steht seit der Gründung der Gewerkschaften auf unserer Agenda. Der Achtstundentag oder die 35-Stunden-Woche waren das Ergebnis dieser harten Auseinandersetzungen mit dem Klassengegner. Immer wieder versuchen die Kapitalisten sowie deren politische Handlanger, den Achtstundentag oder verkürzte Wochenarbeitszeit zu kippen, wie das auch aktuell wieder zur Debatte steht.
Dabei ist eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit nach wie vor notwendig, da unter anderem die Produktivität der Beschäftigten steigt – auch im Öffentlichen Dienst. Eine zunehmende Arbeitsverdichtung ist zu bekämpfen. Deshalb gab und gibt es in den letzten Jahren in unterschiedlichen Ländern und Branchen Modelle zu einer 4-Tage-Arbeitswoche, die für Gewerkschaften wegweisend sind. In der politischen Linken im weitesten Sinne gibt es schon länger Diskussionen um eine 30-Stunden-Woche (zum Teil auch darunter) bei vollem Lohnausgleich, auch wenn die Gewerkschaftsspitzen sich dazu eher „bedeckt“ verhalten.
Als ver.di-Mitglied halte ich es für das völlig falsche Signal und einen gewerkschaftspolitischen Irrweg, dass unsere Gewerkschaft im Rahmen des Tarifabschlusses im Öffentlichen Dienst einer Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit zugestimmt hat.
Auf der Homepage von ver.di heißt es dazu: „Zugleich wurde mit den Arbeitgebern vereinbart, dass es zeitlich befristet freiwillige Erhöhungen der persönlichen Arbeitszeit auf bis zu 42 bezahlte Stunden in der Woche geben kann, mit zusätzlichen Gehaltszuschlägen für die Erhöhungsstunden.“ Erklärungsversuche des ver.di-Vorsitzenden und Verhandlungsführers Frank Werneke helfen da auch nicht, wenn er behauptet: „Niemand kann gedrängt werden, mehr zu arbeiten – das ist Teil der Tarifvereinbarung.“ Als Gewerkschaften müssen wir uns für eine Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit stark machen, anstatt eine Verlängerung zu tarifieren.
Unser Autor war Bundesfachgruppenleiter für Einzel- und Versandhandel und kandierte 2023 für den ver.di-Bundesvorstand