Um die Deutsche Bank zu retten, eine Kampfansage an die USA?

Zurück zur Deutschland AG

Von Klaus Wagener

Die deutsche Wirtschaftselite fühlt sich verfolgt. Zu Unrecht natürlich. „VW, Apple, Deutsche Bank – droht jetzt der Wirtschaftskrieg?“, fragt besorgt die „FAZ“. Eine „Transatlantische Feindschaft“ will die „Zeit“ ausgemacht haben. Und der Ramsauer Peter (CSU) hat in der „Welt“ gar erkannt, dass es in Washington eine „lange Tradition“ gebe, Wirtschaftskriege zu führen. Gerade noch im TTIP-Bett und nun im Krieg?

Nach dem Motto „Not kennt kein Gebot“ hätten sich nach Meldung der „Welt am Sonntag“ (WamS) „zahlreiche Vorstandschefs verschiedener Dax-Konzerne und die Spitzen des Industrieverbands BDI“ verständigt. Man sei sich einig gewesen, dass man die Bank brauche und ihr im Notfall daher auch beispringen werde. Von einer „ideellen Wiederbelebung der Deutschland AG“, sei die Rede gewesen. „Nicht als Zeichen der Schwäche, sondern als Kampfansage.“ So stand es in der WamS. „Wir dürfen uns die Deutsche Bank nicht kaputtmachen lassen. Der Wirtschaftsstandort braucht sie“, glaubt auch der CDU-Wirtschaftslobbyist Michael Fuchs. Es sei ganz richtig, dass die Dax-Konzerne über Hilfe nachdächten.

Die „ideelle Wiederbelebung der Deutschland AG“ als „Kampfansage“, um die Deutsche Bank zu retten. Darauf muss man erst einmal kommen. Aber „Hinter den Kulissen formiert sich die neue Deutschland AG“, spinnt auch „Die Welt“ den Faden weiter: „Eines ist klar: Protektionismus ist in Deutschland kein Schimpfwort mehr.“ So schnell ändern sich die Zeiten – wenn es der Deutschen Bank an den Kragen geht.

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Deutschland geht es gut und Frau Merkel führt die „erfolgreichste Bundesregierung seit Menschengedenken“. Das Berliner Establishment kann sich naturgemäß nicht vorstellen, dass es irgendwo auf diesem Globus Menschen geben könnte, die dieses gepflegte Understatement nicht teilen.

Mitte der 1990er Jahre hat sich die Deutsche Bank mit Brachialgewalt ins anglo-amerikanische Investmentgeschäft gedrängt. Auf den Finanzmärkten herrschte Wildwest. Die Frankfurter hatten die Dollarzeichen in den Augen und für ihre 25 Prozent Eigenkapitalrendite eine nicht gerade zimperliche Broker-Truppe engagiert. Massenbetrug inklusive. Als 2007 die Party zu Ende war, wurde klar, dass es auch Verlierer gab. Zum einen die Millionen, die um ihre Ersparnisse, ihre Arbeitsplätze, ihre Häuser und ihre Zukunft Gebrachten. Zum anderen einige Zocker, die nun dem großen Aufräumen, sprich, der kapitalistischen Konzentration, zum Opfer fallen würden.

Die Wiederbelebung der „Deutschland AG“ ist aus gutem Grund eine ideelle. 1990 war die Deutsche Bank noch in 35 Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Unternehmen vertreten. 2014 noch in zwei. Die Bank betrieb die Auflösung der mit dem Imperialismus entstandenen Verflechtungsstruktur, weil im Casino eines globalisierten Finanzmarktes das noch größere Geld lockte, das mit Beteiligungen in der Realwirtschaft nicht zu machen war. Rot-Grün, in solchen Fällen immer zu Diensten, stellte die notwendigen Unternehmensverkäufe denn auch komplett steuerfrei.

Die Dax-Unternehmen können und werden die Deutsche Bank nicht retten. Die gigantische Zockerbude hat bei einem Börsenwert von gerade mal 15 Mrd. Euro eine Bilanzsumme von 1,8 Billionen Euro (entsprechend 60 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung) und ein Derivatevolumen von 46 Billionen Euro (mehr als das 15-fache der deutschen Wirtschaftsleistung). Dazu kommen rund 6000 Rechtsstreitigkeiten. Wie bei der Atomindustrie dürfte es auch bei der Deutschen Bank wohl niemanden geben, der die Risiken beziffern kann, die in dieser gigantischen Finanzmülldeponie schlummern und erst recht kein Dax-Vorstand, der sie übernehmen wird. Die Schimäre „Deutschland AG“ ist also nicht mehr als ein auf Patriotismus lackiertes Werbeplakat, mit dem der Schrotthaufen der öffentlichen Hand angedreht werden soll.

Dass Berlin finanzielle Hilfen dementiert, besagt gar nichts. Alles andere würde zu einem sofortigen Bank-Run führen, der ja gerade verhindert werden soll.

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"Zurück zur Deutschland AG", UZ vom 21. Oktober 2016



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