Im Konflikt um Venezuela stehen sich international zwei Positionen gegenüber

Zwei Optionen

Von André Scheer

Veranstaltungen zu Venezuela mit André Scheer:

Sa., 17. August, 15.30 Uhr, beim Wasserturmfest der DKP in Elmshorn (Jahnstraße 2A, 25335 Elmshorn)

Sa., 17. August, 18.15 Uhr, beim Meth­fesselfest in Hamburg-Eimsbüttel (Else-Rauch-Platz, 20255 Hamburg)

Anfang August sind auf der Karibikinsel Barbados ein weiteres Mal Vertreter von Regierung und Opposition Venezuelas zusammengekommen, um über einen Ausweg aus der Krise in dem südamerikanischen Land zu beraten. Möglich gemacht hat das die Regierung Norwegens, die im Mai beide Seiten zu ersten Gesprächen nach Oslo eingeladen hatte. In einem Kommuniqué bestätigte das norwegische Außenministerium mit Datum vom 2. August, dass beide Seiten ihren Willen bekräftigt hätten, sich um eine „verfassungsmäßige Lösung“ zu bemühen, in deren Mittelpunkt das Wohlergehen des venezolanischen Volkes stehen müsse.

Am 6. August fand in Lima eine internationale Konferenz „für Demokratie in Venezuela“ statt. Ursprünglich hatte die peruanische Regierung dazu etwa 100 Länder aus aller Welt eingeladen, doch viele sagten ab. Moskau etwa bemängelte, dass es wenig sinnvoll sei, wenn die Betroffenen selbst nicht bei einer solchen Konferenz dabei wären. Peru hatte nämlich weder die Regierung des gewählten Präsidenten Nicolás Maduro noch Abgesandte der Opposition zu den Beratungen eingeladen. So übernahm US-Sicherheitsberater John Bolton die Hauptrolle in Lima und kündigte eine weitere Verschärfung des Wirtschaftskrieges gegen Venezuela an. Die Regierung in Washington spricht inzwischen offen von einer „Blockade“ oder „Quarantäne“ des südamerikanischen Landes.

Die beiden so unterschiedlichen Veranstaltungen machten schlaglichtartig deutlich, wo die internationalen Konfliktlinien im Zusammenhang mit Venezuela verlaufen. Ebenso wie Norwegen bestehen auch Länder wie China, Russland, die Türkei, Kuba, Uruguay und andere darauf, dass die Venezolaner selbst ihre Differenzen überwinden müssen. So bekräftigte am 9. Juli der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, dass „das Problem Venezuelas von den venezolanischen Regierungs- und Oppositionsparteien im Rahmen der Verfassungsordnung und durch einen unabhängigen politischen Dialog“ gelöst werden müsse. Die internationale Gemeinschaft müsse dabei eine konstruktive Rolle spielen und „unter der Prämisse des Respekts für die Prinzipien des Völkerrechts“ beide Seiten bei der Suche nach einer Verständigung unterstützen.

Die deutsche Bundesregierung hat sich dieser Position noch immer nicht angeschlossen. So bekräftigte das Auswärtige Amt bei der Regierungspressekonferenz am 22. Juli einmal mehr, dass sich ihre „Haltung hinsichtlich der Anerkennung von Juan Guaidó als Übergangspräsident Venezuelas“ nicht geändert habe und man auch weiterhin keine politischen Kontakte mit der amtierenden venezolanischen Regierung pflege. Die Realität sieht längst anders aus, denn auch Berlin kann nicht ignorieren, dass Guaidó auch mehr als ein halbes Jahr nach seiner Selbsternennung nichts zu sagen hat und Maduro offenkundig fester im Sattel sitzt als damals. Anfang Juli wurde Venezuelas Vizeaußenminister Yván Gil im Auswärtigen Amt empfangen, einige Wochen später machte der nach Caracas zurückgekehrte deutsche Botschafter Daniel Kriener dem venezolanischen Außenminister Jorge Arreaza seine Aufwartung.

Offiziell jedoch bleibt die Bundesregierung treu an der Seite der USA und unterstützt deren Wirtschaftskrieg gegen Venezuela. Dessen Folgen sind dramatisch. Bereits im April kam eine Studie des US-Thinktanks CEPR (Center for Economic and Policy Research) zu dem Ergebnis, dass die von Washington verhängten Sanktionen zwischen August 2017 und Ende 2018 mindestens 40000 Menschen das Leben gekostet haben, etwa aufgrund fehlender Medikamente oder der Blockade von Finanzmitteln, um die Behandlung erkrankter Menschen zu bezahlen. Das stelle eine nach der Genfer und der Haager Konvention verbotene Kollektivbestrafung der Zivilbevölkerung dar, so die Verfasser der Studie.

Entscheidend gegen diese Aggression sei die internationale Solidarität, stellte Carolus Wimmer, Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Venezuelas, am 28. Mai während einer von mehr als 750 Menschen besuchten Veranstaltung der Tageszeitung „junge Welt“ und zahlreicher Unterstützer fest. „Oft ist man sich nicht bewusst, was ein voller Saal wie dieser hier bedeutet“, so Wimmer. „Aber es ist die aktive Solidarität, die bisher verhindert hat, dass die USA militärisch in Venezuela einschreiten.“

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"Zwei Optionen", UZ vom 16. August 2019



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