Nach den Anschlägen von Paris: Kiewer Regime schürt Russenhass

Angst vor Annäherung

Von Willi Gerns

Die jüngsten Terroranschläge islamistischer Fanatiker in Paris haben in der ganzen Welt über religiöse Unterschiede, ideologische und politische Differenzen hinweg Trauer um die Opfer, Mitgefühl für die betroffenen Familien, Solidarität mit dem französischen Volk und tiefe Abscheu gegenüber den Tätern hervorgerufen. Anders die Reaktion der Putschisten-Junta in Kiew, die die tragischen Ereignisse für Hass-Attacken gegen Russland missbraucht.

So erklärte Innenminister Arsen Awakow laut einem Beitrag in der russischen Netzzeitung „Swobodnaja Pressa“ (SP) vom 18. November unmittelbar nach den Terroranschlägen in Paris, dass die Gefahr einer terroristischen Attacke, ähnlich der

„Der Innenminister warnt vor Terroranschlägen

durch russische ‚Diversanten‘.“

von Paris, der Ukraine drohe. „In nächster Zeit kann es terroristische Akte geben. Für diese Ziele werden Sprengstoffinstallationen und Feuerwaffen benutzt werden.“ Ein besonderes Risiko bestehe für große Städte, beginnend mit der Hauptstadt, aber betroffen sein könnten auch kleinere Ortschaften. Konkreter wurde der Minister allerdings nur in einer Hinsicht: Die Terroristen, die die Ukraine bedrohen, dass seien nicht die Selbstmordattentäter des IS, sondern russische „Diversanten“. Und so folgten denn auch auf dem Fuße nach dem Bericht der „SP“ umfangreiche Übungen der ukrainischen Sicherheitskräfte in Kiew und anderen Landesteilen, und dies nicht zuletzt mit der Aufgabe, Brücken zu sichern.

Wo Awakow die antirussische Trommel schlägt, da will ihm auch sein Chef, Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk nicht nachstehen. Er verkündete die kühne These, dass „die Annexion der Krim und die Okkupation des Donbass zu einer Ermunterung für den globalen Terrorismus geworden“ seien. Übertroffen werden die russophoben Ausfälle des ukrainischen Ministerpräsidenten und seines Innenministers nur noch vom Botschafter der Ukraine bei der UNO. Er sonderte den Satz ab: „Suchen Sie in der Pariser Tragödie eine Frau – cherchez la femme – und ihr Name ist – Russland.“ Angesichts dieser Ungeheuerlichkeit kann bei normalen Menschen nur Ekel in der Kehle aufsteigen.

Wenn die Kiewer Junta nicht davor zurückscheut, sich in dieser Weise vor der ganzen Welt selbst als ein moralisch zutiefst verkommenes Regime zu entlarven, dann offenbart dies wohl auch, dass sie über die mögliche Annäherung zwischen Russland und einigen westlichen Staaten – vor allem mit Frankreich – im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus offenbar äußerst betroffen ist.

Das wird auch in dem Beitrag der „Swobodnaja Pressa“ so gesehen. Dort heißt es: „Diese ganze Welle antirussischer Hysterie in den oberen Etagen des Kiewer Regimes vollzieht sich auf dem Hintergrund einer merklichen Wendung in Europa, besonders in Frankreich. Das Gesicht wird Russland zugewendet als Partner im Kampf gegen den globalen Terrorismus, ohne den dieser Kampf jetzt nicht mehr vorstellbar und zu führen ist, jedenfalls nicht mit der notwendigen Effektivität. Das neue Herangehen wurde in der Erklärung Präsident Hollandes vom 14. November formuliert, in der es schwarz auf weiß heißt: ‚Wir nehmen zur Kenntnis, dass fünf Jahre der Anwesenheit des Westens in Syrien und fünfzehn Jahre der Kampagne zur Ausrottung des Terrorismus zu weniger bedeutenden Resultaten geführt haben, als ein Monat der Anwesenheit Russlands in Syrien. Darum überdenkt Frankreich seine Strategie im Kampf gegen den Terrorismus, indem es seine Anstrengungen im mittleren Osten mit Russland vereinigt.“

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"Angst vor Annäherung", UZ vom 27. November 2015



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