Fernando González zu Besuch in Essen. SDAJ bereitet Brigaden vor

Bastelt Memes und besucht die rote Insel

Selten beginnen politische Veranstaltungen mit einem solch emotionalen Moment: Überschwänglich bedankte sich der Gast für die Solidarität, die viele der Anwesenden mit Kuba und den Cuban Five geübt hatten. Ohne diese Soli-Arbeit könnten er und seine vier Brüder nicht hier sein.

Gemeint war: Ohne die Solidaritätskampagnen für die Cuban Five würden die Fünf heute nicht in Freiheit leben. Tatsächlich angereist in die Essener Hoffnungstraße war nur einer der Fünf: Fernando González Llort, heute Präsident des Cubanischen Instituts für Völkerfreundschaft (ICAP). 17 Jahre und 9 Monate hatte er in US-amerikanischer Haft gesessen. Gut drei Dutzend Interessierte waren der Einladung der Internationalen Kommission (IK) der DKP am Donnerstag vergangener Woche gefolgt und nutzten die Chance, dem hohen Besuch aus Kuba Fragen zu stellen.

González zeichnete nach, wie die USA seit 60 Jahren versuchen, die kubanische Wirtschaft mittels Blockade zu ersticken. Donald Trump habe die Aggression auf eine neue Ebene gehoben. Trotz anderslautender Wahlversprechen ändere Joseph Biden daran nichts. Die Konsequenzen für die Kubaner seien harsch. „Fahrt nach Kuba. Ihr werdet Stromabschaltungen erleben und leere Läden sehen.“ Wegen der Wirtschaftsblockade und des Energiemangels könne Kuba nicht genug produzieren, um die Regale voll zu halten. Die USA hätten sich sogar geweigert, während der Corona-Pandemie dringend benötigten Sauerstoff zu liefern – und verhindert, dass Unternehmen aus Drittländern Beatmungsgeräte nach Kuba lieferten.

Trotz der massiven Auswirkungen der Blockade sei es dem mächtigen Nachbarn im Norden bis heute nicht gelungen, eine ihm genehme Regierung in Kuba zu installieren. Die große Mehrheit der Kubaner verstehe, dass die Unabhängigkeit ihres Landes nur in Einheit zu verteidigen sei.

Auch deshalb sei die Beteiligung an der Wahl der Nationalversammlung in der Vorwoche so hoch gewesen, erläuterte González. Das Parlament ist jung, das Durchschnittsalter liegt bei 45 Jahren. Es bildet einen repräsentativen Querschnitt der kubanischen Gesellschaft ab: 55 Prozent der Abgeordneten sind Frauen, vertreten sind Arbeiter, Bauern, Wissenschaftler, Künstler und Studierende, auch der Gesundheitssektor und der aufkommende Privatsektor. González weiß, wovon er spricht: Er ist einer der 470 gewählten Abgeordneten.

Das beste Mittel gegen antikubanische Propaganda sei, die sozialistische Insel selbst zu erleben. „Man sieht ein System, das nicht perfekt ist, und eine Gesellschaft, die nicht perfekt ist. Auch unabhängig von der Blockade haben wir Fehler, und daran müssen wir arbeiten. Aber eine reale Alternative wollen wir haben.“ Nicht jeder könne sich eine Reise nach Kuba leisten, aber wer fahre, als Multiplikator wirken. Eine tolle Möglichkeit, die Verhältnisse in Kuba selbst kennenzulernen, ist die Leserreise von UZ und Cuba Libre vom 27. April bis zum 12. Mai (Infos und Anmeldung: thomas.brenner@unsere-zeit.de). Die SDAJ möchte dieses Jahr junge Menschen auf Solidaritätsbrigade nach Kuba schicken. Dafür sammelt sie Spenden. Die Erlöse ihres Cocktail-Verkaufs nach der Veranstaltung mit González kommen diesem Zweck zugute. Knapp 250 Euro kamen zudem für das neue Soli-Projekt der DKP, die Digitalisierung der Klinik Rosa Luxemburgo, zusammen (UZ vom 31. März).

Und was können die Zuhausegebliebenen gegen die Blockade unternehmen? Aufmerksamkeit müsse man wecken, riet González. Das klappe zum Beispiel über Resolutionen in kommunalen Parlamenten, oder indem man Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle anspreche. Wichtig sei vor allem gute Medienarbeit: „Bastelt Memes!“

Auf seiner Deutschland-Reise hat Fernando González auch in Frankfurt am Main Station gemacht. Dort überreichte er Petra Wegener, Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, die Freundschaftsmedaille der Republik Kuba. Miguel Díaz-Canel hatte diese Wegener per Präsidentialdekret 555 vom 12. Januar 2023 für ihre Verdienste um die Solidarität mit dem kubanischen Volk verliehen. Herzlichen Glückwunsch!

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Bastelt Memes und besucht die rote Insel", UZ vom 7. April 2023



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit