Die Geschichte der Black Panther Party als Graphic Novel

Eine Frage der Selbstverteidigung

Wir wissen ja, dass manche sagen, dass man Feuer am besten mit Feuer bekämpft. Aber wir sagen, dass man Feuer am besten mit Wasser löscht. Wir sagen, dass man Rassismus nicht mit Rassismus bekämpft. Wir bekämpfen Rassismus mit Solidarität.“ Dieses Zitat von Fred Hampton stellen David F. Walker und Marcus Kwame Anderson an den Anfang ihrer Graphic Novel über die Black Panther Party. Autor Walker (der unter anderem für Marvel „Avengers Occupied“ und „Deadpool“ geschrieben hat) und Zeichner Anderson (Snow Daze) wollen einerseits der Black Panther Party ein Denkmal setzen und andererseits hinter den Mythos der Panthers schauen. Kann so etwas gut gehen? Ja, erstaunlich gut.

In seinen Bildern bekräftigt Anderson den Mythos zunächst: schwarzes Barett auf dem Kopf, Sonnenbrille auf der Nase, Wumme in der Hand – die Mitglieder der Black Panthers als Inbegriff der Coolness, fast hört man schon die Musik der späten 1960er dazu. Das ändert sich schlagartig, wenn man weiterblättert. „Die Vorgeschichte“ heißt das Kapitel nüchtern. Und diese Vorgeschichte ist eine von Sklaverei, Lynchmorden, Segregation und wegen ihrer Hautfarbe zu Tode gequälten Kindern. Und immer wieder auch die gleiche, die heute noch erzählt werden muss: Die Geschichte von brutaler Polizeigewalt gegen und staatlichen Morden an Schwarzen.

Während die von Martin Luther King Jr. angeführte Bürgerrechtsbewegung auf Gewaltfreiheit setzte, hatten junge Männer und Frauen ab 1966 die Schnauze voll. Stokely Carmichael vom „Student Nonviolent Coordinating Committee“ wandte sich von der Gewaltlosigkeit ab und gründete bereits 1965 gemeinsam mit anderen SNCC-Mitgliedern die „Lowndes County Freedom Organization“. Als Logo wählten sie einen schwarzen Panther. Und 1966 gründeten in Oak­land, Kalifornien, Bobby Seale und Huey P. Newton die „Black Panther Party for Self-Defense“.

Walker und Anderson beschreiben den Weg der Black Panther Party von zwei im Wohnzimmer ihr Programm entwerfenden Revolutionären zu einer schlagkräftigen Organisation mit über 100 Ortsgruppen. Die Black Panther Party gab eine Wochenzeitung heraus, versorgte mit dem „Free Breakfast for Children Program“ in 40 Städten Kinder mit Mahlzeiten und gründete sogar Schulen, in denen neben den üblichen Fächern auch Schwarze Geschichte und Sozialgeschichte auf dem Lehrplan stand. In Chicago gelang es Fred Hampton, mit der „Rainbow Coalition“ eine breite Front von Unterdrückten jeglicher Hautfarbe zusammenzuführen – für das FBI und dessen Chef J. Edgar Hoover waren sie schnell die „größte Bedrohung für die nationale Sicherheit“.

Mit dem „Counterintelligence Program“ legt er fest, was es für das FBI zu verhindern gilt: eine Koalition schwarznationalistischer Gruppen, die Entstehung eines „Messias“,  Gewalt schwarznationalistischer Gruppen, Erlangung von Respektabilität und Verhinderung eines langfristigen Wachstums solcher Gruppen. In der Folge wurden die Panthers mit Spitzeln überschwemmt, ihre Führungspersönlichkeiten mit falschen Anklagen überzogen, verhaftet und – wie im Fall von Fred Hampton – feige ermordet.

In all das ordnen Walker und Anderson den langsamen Zerfall der Black Panthers ein, der auch ein ideologischer war. Am deutlichsten zeigt sich der Riss an der Auseinandersetzung zwischen Eldrige Cleaver, der im Exil in Algerien das Internationale Büro der Panthers leitete und für eine sofortige bewaffnete Revolution in den USA eintrat, und Huey Newton, der zu dem Schluss gekommen war, dass Gewalt keine Lösung sein könne. Es folgten Säuberungen der Partei von vermeintlichen und echten Spitzeln, Gewalt untereinander und mit Gangs in verschiedenen Städten – alles sorgsam angezettelt und orchestriert vom FBI.

Als sich die Black Panthers 1982 auflösten, hatten sie noch 30 Mitglieder. Das FBI hatte seine Mission erfüllt. Walker und Anderson setzen mit „Die Black Panther Party“ denen ein Denkmal, die das Herz der Panthers waren: Denen, die, nicht auf eigenen Ruhm bedacht, in den Straßen für Sicherheit vor der Polizei sorgten, denen, die für das Frühstücksprogramm kochten und denen, die in den Straßen die Zeitungen verkauften.

In seinem Nachwort schreibt David Walker, es sei der 27. Mai 2020 und Minneapolis stehe in Flammen. Es sind die Tage nach dem Polizeimord an George Floyd. Er erinnert an Ahmaud Arbery und Breonna Taylor, an den zwölfjährigen Tamir Rice, der erschossen wurde, weil er eine Spielzeugpistole hielt, an die 1.949 Schwarzen, die zwischen 2013 und 2019 von der Polizei getötet worden sind. Das Zehn-Punkte-Programm der Panthers habe auch heute nichts an Relevanz verloren, denn: „Jedes Unrecht, jede Ungerechtigkeit und jede Form von Unterdrückung, denen die Schwarze Community 1966 ausgesetzt war, ist im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts immer noch drückend spürbar.“

Am Rassismus wird sich nichts ändern, wenn die grundlegenden Verhältnisse nicht geändert werden. Das Zitat von Fred Hampton, das den Beginn des Buches bildet, geht im Original weiter: „Wir sagen, wir bekämpfen den Kapitalismus nicht mit schwarzem Kapitalismus, sondern wir bekämpfen ihn mit Sozialismus. Wir sind aufgestanden und haben gesagt, wir werden reaktionäre Schweine und reaktionäre Staatsanwälte wie Hanrahan nicht mit irgendwelchen anderen Reaktionen unsererseits bekämpfen. Wir werden ihre Reaktion bekämpfen, indem wir alle zusammenkommen und eine internationale proletarische Revolution durchführen.“ Ohne die Revolution wird ein Staat ohne Rassismus nicht zu machen sein.


David F. Walker /
Marcus Kwame Anderson
Die Black Panther Party.
Eine Graphic Novel
Unrast Verlag 2022
179 Seiten, 18 Euro
Erhältlich unter uzshop.de


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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Eine Frage der Selbstverteidigung", UZ vom 22. April 2022



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