Peter Härtling starb am 10. Juli 2017 im Alter von 83 Jahren

Eine sanfte, unüberhörbare Stimme

Von Rudi Hechler

Wenn man über einen was schreiben will, den man gut kennt, klickt man eigentlich nicht bei Google. Ich habe es dummerweise doch getan und bin erschlagen. Hunderte Einträge – akademische Klugscheißereien, Biographieversuche, endlose Aufzählungen seiner Arbeiten, Schüleraufsätze.

Die Schüler waren am sympathischsten.

Hier heißt es kurz: „Am 13. November 1933 wurde Peter Härtling in Chemnitz geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt. Die Familie zog oft um, Peter wohnte als Kind in Sachsen, Mähren, Österreich und Württemberg. Weil seine Eltern früh starben, lebten Peter und seine Schwester bei der Oma. Schon mit 14 Jahren lernte er in der Schule ein Mädchen kennen, das er später heiratete. Sie hieß Mechthild.“

Heute trauern wir mit Mechthild Härtling und der Familie um Peter Härtling, einen bescheidenen und liebenswerten Menschen, der uns allen viel gab.

Peter Härtling. Seine Bücher stehen in jeder Buchhandlung. Man hat ihn vielfältig geehrt.

Mörfelden-Walldorf, meine Heimatstadt, hat ihn zum Ehrenbürger ernannt.

„Ich bin kein Wanderer mehr – hier habe ich mein Zuhause gefunden“, sagte er damals zufrieden bei der Feier im Bürgerhaus Mörfelden.

Was hat er alles geschrieben. Sein Buch über Friedrich Hölderlin hat mich vieles gelehrt. Durch Härtling-Bücher kommen uns E. T. A. Hoffmann und die Musiker Franz Schubert oder Robert Schumann näher.

Im Jahre 1967 kam Härtling in unsere Stadt. „Tags musste ich arbeiten, die abendlichen Stunden blieben mir nur noch zum Schreiben“, erinnert sich Härtling. Und dann waren da noch seine vier Kinder, die ihr Familienrecht einforderten und die den Autor zu Kinderbüchern wie „Hirbel“ (1973) oder „Ben liebt Anna“ (1979) inspirieren sollten.

Peter Härtling hat sich oft zu Wort gemeldet. Als junge Genossen der DKP das „vergessene KZ“ in unserer Stadt dokumentierten, schrieb er in seinen Kalendergeschichten den Aufsatz „Die Fragenden“. Gemeinsam liefen wir, als es um die Startbahn/West ging, in den Wald, den Tränengasschwaden entgegen.

Oft sah man seine Unterschrift unter den Aufrufen der Friedensbewegung.

Oft sprach Härtling auf den Kundgebungen, die zur „Reichspogromnacht“ in unserer Stadt stattfinden.

Er war einer, den man fragen konnte: Willst du mal im Kindergarten lesen – und er sagte „holt mich – ich komme!“ Und er konnte Kinder beeindrucken. Ich werde es nicht vergessen.

Kleiner Nachtrag:

Zum 50. Geburtstag von Peter Härtling schrieb ich der UZ einen Aufsatz „In einer schöneren Zeit“. Ich beschrieb einen Tag im Jahre 2033 im „Peter-Härtling-Museum“ im Finkenweg 3.

Klar: Wir lebten im Sozialismus.

Die Versuche den Sozialismus real zu entwickeln, sind aus vielen Gründen gescheitert.

Jeder aber, der seine Antennen nicht eingezogen hat, spürt „So wie es ist bleibt es nicht!“

Das spürte auch Peter Härtling.

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"Eine sanfte, unüberhörbare Stimme", UZ vom 21. Juli 2017



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