Türkei: Polizei jagt CSD-Teilnehmer

Gibt es auch im Ramadan

Von Markus Bernhardt

Dürfen die das? Gay-Pride-Parade in Istanbul

Dürfen die das? Gay-Pride-Parade in Istanbul

( Lubunya/wikimedia.org/CC BY-SA 3.0)

Die türkische Polizei hat am vergangenen Sonntag versucht, eine Demonstration von Schwulen, Lesben, Trans- und Bisexuellen, die anlässlich des Christopher-Street-Days stattfinden sollte, zu verhindern. Die Beamten gingen dabei mit massiver Gewalt, aus Deutschland stammenden Gas- und Gummigeschossen, sowie Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin hatte die Demonstration mit der Begründung verboten, dass diese in den für Muslime heiligen Fastenmonat Ramadan falle. Glaubhaft ist derlei jedoch nicht, schließlich war dies auch bei der Demonstration im letzten Jahr der Fall, ohne dass die Behörden eingriffen hatten.

Bei den betroffenen Demonstranten, aber auch den anwesenden Augenzeugen sorgte die Brutalität der eingesetzten Polizisten für Entsetzen. Viele Menschen waren gezwungen, sich vor den Übergriffen der Staatsmacht in Schutz zu bringen und flüchteten in umliegende Geschäfte und Cafés. Nachdem sich die Lage etwas beruhigt hatte, schlossen sich doch noch mehrere Tausend Menschen zu einer Demonstration zusammen. Die Polizei duldete dies offenbar deshalb, weil sich unter den Demonstranten auch mehrere Parlamentarier unter anderem aus Deutschland befanden. Jedoch attackierten die Beamten am Abend die CSD-Party erneut mit Tränengas.

Aus Solidarität mit den Opfern der Polizeiexzesse gingen am Montag in Berlin Lesben und Schwule auf die Straße. Unter dem Motto „Love will win! – Berlin solidarisch mit Istanbul Pride!“ demonstrierten sie vor der Botschaft der Türkei. „Ob Istanbul nach diesem Vorfall weiterhin eine Partnerstadt von Berlin bleiben kann, ist sehr zu bezweifeln“, erklärte dort der Landesvorsitzende der „QueerSozis“ Berlin, Markus Pauzenberger. „Die brutale und menschenverachtende Auflösung mit der gesamten auffahrbaren Staatsmacht zeigt, dass die queere Community in Istanbul und in der Türkei unsere uneingeschränkte Solidarität braucht“, konstatierte er weiter.

Zu Protesten hatte am Montag auch die Organisation „Gays & Lesbians aus der Türkei“ (Gladt) aufgerufen. Mehrere Dutzend Menschen waren dem Aufruf gefolgt und demonstrierten in Solidarität mit den Lesben und Schwulen und unter dem Motto „Uns gab es, uns gibt es, uns wird es geben!“ durch Berlin-Kreuzberg.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Gibt es auch im Ramadan", UZ vom 3. Juli 2015



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit