Macron will neue Arbeitsgesetzgebung durchdrücken – Landesweite Streiks am 12. September

Großangriff auf die Arbeiter

Von Alexandra Liebig

Die Gewerkschaft CGT mobilisiert gegen das „Projekt Macron“

Die Gewerkschaft CGT mobilisiert gegen das „Projekt Macron“

Macrons Aufgabe bleibt vorerst die Zerschlagung der Arbeiterbewegung in Frankreich und die Erzwingung des sozialen Friedens. Die neue Arbeitsgesetzgebung, die er so schnell wie möglich durchsetzen will, wird von der französischen Bevölkerung weitgehend abgelehnt. Macron übt deshalb Kritik am Volk: „Die Franzosen und Französinnen verabscheuen die Reformen.“ Und so begleiten Denkfabriken wie das „Institut Montaigne“ und „Terra Nova“ (nennt sich progressiv, wird aber wie das Institut Montaigne auch von Unternehmen wie Areva, Total, Capgemini und EADS mitfinanziert) die flächendeckende Arbeit der Macronisten. Sie sollen der Bevölkerung die bevorstehenden einschneidenden Veränderungen näherbringen. Das Ende Juni auf den Weg gebrachte Ermächtigungsgesetz, das dazu dient, das neue Arbeitsgesetz mittels Verordnungen durchzusetzen, will „das soziale Modell tiefgründig erneuern und die sozialen und wirtschaftlichen Leistungen konform machen“.

Von den über 200 Seiten des ersten Abschnitts im neuen Arbeitsgesetz haben Gewerkschaftsvertreter bisher nur 30 von Weitem zu sehen bekommen. Die Regierung Macron hat die Gewerkschaften hingehalten, Schwachstellen in ihren Reihen gesucht und sie bei den Reformisten auch gefunden. Macron nennt das „den Staat wie ein Unternehmen führen“. Die Regierung hatte angekündigt, die ersten Gesetze am 31. August (nach Redaktionsschluss) zu veröffentlichen. Im nächsten halben Jahr sollen u. a. per Verordnung die Branchen- und Betriebsvereinbarungen neu geregelt, Kündigungen vereinfacht, Abfindungen gekürzt und nicht mehr den Arbeitsgerichten, sondern einem Richter unterstellt sowie die Sonntagsarbeit regulär werden.

Während angeblich ein „sozialer Dialog“ geführt wurde, erließ die Regierung unter Premierminister Edouard Philippe mehrere Verfügungen: Besonders schwerwiegend ist hier die Kürzung der Beiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung bei gleichzeitiger Erhöhung des allgemeinen Sozialbeitrags unter Vorgabe der Kaufkrafterhöhung. In der Tat ist es eine versteckte doppelte Steuerhöhung, die vor allem Rentner belastet.

Es ist ein Großangriff auf das bisherige soziale Modell und provoziert den Verfall der Sozialversicherung, die Verminderung und Herabsetzung der Leistungen sowie die Erhöhung der Kosten für die Werktätigen. Vorausgegangen waren bereits Kürzungen beim Wohngeld und die Ankündigung der teilweisen Aufhebung der Wohnsteuer, die die Gemeinden belasten würde und damit letztlich die Bevölkerung. Obendrein werden 293 000 subventionierte Arbeitsplätze für junge Leute wegfallen.

Gespart werden muss angeblich auch im öffentlichen Dienst: Weniger Planstellen, keine Gehaltserhöhungen, ein Tag unbezahlte Freistellung bei Krankheit (im privaten Bereich sind es schon drei). Außerdem ist geplant, öffentliches Eigentum im Wert von zehn Milliarden Euro zu verschleudern.

Nur die Reichen dürfen nicht zu kurz kommen: 20 Mrd. Steuersenkungen für die nächsten fünf Jahre, davon 11 Milliarden Euro in 2018. Dazu gibt es Steuergeschenke von 1,5 Milliarden Euro für Aktionäre und eine Absenkung der Unternehmenssteuer von 28 auf 25 Prozent.

Gewerkschaften wie die CGT und einige kleinere (Sud, Unsa), gehören zu den energischen Gegnern dieser Regierungspolitik. Philippe Martinez von der CGT zieht Lehren der letzten beiden Jahre: „Man kann Petitionen lancieren, eine starke Mobilisierung haben. Aber wenn man nicht die Mehrheit der Werktätigen zu Aktionen überzeugt, kann man keine Regierung oder keine Unternehmensleitung zum Rückzug zwingen. (…) Die Gewerkschaftseinheit ist eine Notwendigkeit, um den Lohnabhängigen Vertrauen zu geben“. Martinez zeigt sich in letzterer Frage optimistisch, auch wenn manche Gewerkschaften die Gesetzestexte in den Händen haben wollen, bevor sie zu den Kampf- und Streiktagen am 12. September mobilisieren.

Seit Wochen engagieren sich die Aufrechten Frankreichs (La France insoumise) und die Französische Kommunistische Partei (PCF) innerhalb und außerhalb des Parlaments im gleichen Kampf, der am 12. September zu Großaktionen im ganzen Land führen wird. Der PCF-Generalsekretär Pierre Laurent ruft ebenfalls zur Teilnahme an den Gewerkschaftskämpfen auf.

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"Großangriff auf die Arbeiter", UZ vom 1. September 2017



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