Siedlungen, Räumungen und Bomben auf Gaza

Israel provoziert weiter

Wie erwartet setzt die neue israelische Regierung die Politik ihrer Vorgänger nahtlos fort: Luftangriffe auf Gaza, Provokationen in Jerusalem und neue Siedlungsprojekte.

Eine Kommission im Verteidigungsministerium genehmigte am 23. Juni 31 neue Bauprojekte auf der Westbank, darunter ein Einkaufszentrum, eine Schule, Synagogen und Seminare. Eine schnelle Einigung wurde im Fall der auch nach israelischem Recht illegalen provisorischen Siedlung Eviatar gefunden. Palästinenser hatten gegen diesen illegalen „Außenposten“ demonstriert, israelische Soldaten gingen dagegen vor. Vier Palästinenser wurden dabei in den letzten Wochen getötet, mehrere Hundert verletzt. Die Demonstrationen halten bis heute an.

Die Räumung dieses illegalen „Außenpostens“ hätte vermutlich heftige Proteste von Siedlern hervorgerufen. Stattdessen gab es jetzt eine gütliche Einigung. Die Siedler ziehen vorerst ab, die Unterkünfte werden aber nicht geräumt, sondern von der Armee genutzt. Es wird eine Religionsschule errichtet werden und die Siedler werden zurückkehren, sobald ihre Siedlung voraussichtlich legalisiert ist.

Aus Jerusalem werden weiterhin Palästinenser vertrieben. Am 1. Juli stürmten erneut Siedler unter dem Schutz von Sicherheitskräften die Umgebung der al-Aqsa Moschee. Am Abend zuvor hatten Sicherheitskräfte ein Sit-in geräumt und dabei 13 Palästinenser verletzt. Mit dem Sit-in protestierten die Anwohner gegen die Zerstörung von Häusern in arabischem Eigentum im Ortsteil Al-Bustan von Silwan in Jerusalem.

Der Streit um den Abriss der Häuser dauert schon viele Jahre an. Eine der treibenden Kräfte hinter der Vertreibung ist die religiös-zionistische Organisation Ateret Kohanim. Viele Einwohner in Silwan sind von Vertreibung bedroht, weil die Organisation unter anderem behauptet, ihre Häuser seien auf Land gebaut, das vor 1948 jüdischen Eigentümern gehörte.

Die neue Regierung geht noch weiter. Es gab Luftangriffe auf Ziele in Gaza – trotz des Waffenstillstands, der erst vor wenigen Wochen geschlossen wurde. Als Rechtfertigung dienen der israelischen Regierung Brandsätze, die an Ballons von Gaza aus nach Israel fliegen und dort geringe Sachschäden verursachen.
Der Waffenstillstand selbst – in dem Israel keine Bedingungen diktieren konnte – bleibt in Israel umstritten. Mit den Luftangriffen, den Provokationen von Siedlern und Sicherheitskräften in Jerusalem und den neuen Siedlungsprojekten will die neue israelische Regierung ihre Stärke zeigen und die Grenzen der Hamas testen: Wie viel Druck wird die Hamas hinnehmen, ohne eine Reaktion zu zeigen?

Mohammed Hamada, ein Sprecher der Hamas, erklärte dazu, Israel habe mit seinen Aktionen erneut rote Linien überschritten und würde damit eine Explosion riskieren. Doch – anders als im Mai – gibt es vorerst vonseiten der Hamas oder anderer Organisationen keine direkte Reaktion.

Ismail Haniyeh, der Vorsitzende des Politischen Büros der Hamas, bereiste stattdessen Ägypten, Marokko, Mauretanien und den Libanon. In Mauretanien sprach Haniyeh mit dem Staatspräsidenten, in Marokko traf er Politiker und Regierungsvertreter. In Ägypten führte er Gespräche über den Waffenstillstand und den Wiederaufbau in Gaza; die Regierung von Ägypten hat bereits 500 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau von Gaza zur Verfügung gestellt. Im Libanon sprach er mit dem Generalsekretär der Hisbollah über die weitere Zusammenarbeit der beiden Organisationen. Es war ein Staatsbesuch, eine Aufwertung der Hamas nach dem elftägigen Krieg.

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"Israel provoziert weiter", UZ vom 9. Juli 2021



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