Zum 25. Todestag von Ernst Buschmann

Kämpfer an vielen Fronten

Harald Wittstock, Vorsitzender des Vereins „Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik“, KFSR

Gerhard Leo, Widerstandskämpfer in Frankreich und Ritter der französischen Ehrenlegion, schrieb 2002: „Heute noch ist ‚Commandant Erneste‘, wie Ernst Buschmann in der französischen Résistance genannt wurde, den ehemaligen Widerstandskämpfern aus der Gegend von Lyon ein Begriff. Sie sprechen mit Hochachtung von dem einstigen Kommandeur des Edgar-André-Bataillons im Spanienkrieg, der als Militärberater des legendären Partisanenbataillons Carmagnol-Liberté, einer der erfolgreichsten Einheiten von Ausländern in der französischen Résistance-Armee, im August 1944 maßgeblichen Anteil an der Befreiung von Villeurbanne, Vaulx-en-Velin und anderen Industriestädten im Departement Rhône hatte.“

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Ernst Buschmann in den 1980er Jahren (Foto: Archiv KFSR)

Ernst Buschmann, am 8. November 1914 in Solingen geboren, war seit 1928 Mitglied des Kommunistischen Jugendverbands Deutschlands und aktiv im Arbeitersport. 1933 gehörte er der KJVD-Leitung in Solingen und im Bezirk Niederrhein an. 1934 trat er in die KPD ein und musste im Februar 1935 in die Niederlande emigrieren. Von dort reiste er auf Parteibeschluss in die Sowjetunion und besuchte die Internationale Lenin-Schule der Komintern. Am 17. März 1937 kam er nach Spanien, wurde dort zur MG-Kompanie des Hans-Beimler-Bataillons der XI. Internationalen Brigade kommandiert und Anfang Oktober 1937 war er Stabschef des Bataillons. Am 4. Januar 1938 durch einen Kopfschuss verwundet, musste er zur Genesung in die Hospitäler von Benicàssim und Murcia. Mit dem Dienstrang Mayor kehrte er im April 1938 als Kommandeur des Edgar-André-Bataillons an die Front zurück.

Nach dem Abzug der Internationalen Brigaden von der Front hielt er sich von Oktober bis Dezember 1938 im Demobilisierungslager Bisaura de Ter auf. Danach nahm er als Bataillonskommandeur am „zweiten Einsatz“ der Internationalen Brigaden zum Schutz der vor der Franco-Armee fliehenden Spanier in Katalonien teil.

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In Spanien Comandante Ernesto, in Frankreich Commandant Erneste: Ernst Buschmann (Mitte) (Foto: Archiv KFSR)

Am 9. Februar 1939 überschritt er die Grenze nach Frankreich und wurde dort in Saint-Cyprien, Gurs und seit 1941 in Le Vernet interniert. Im November 1942 kam er in das Sondergefängnis Castres, wo ihm mit Kameraden am 16. September 1943 der Ausbruch gelang. Anschließend bekam er bei Lyon in der Illegalität Kontakt zur TA (Travail Allemand – Deutsche Arbeit), wurde dann militärischer Berater des Maquis im Range eines Lieutenant-Colonels und war Mitglied des CALPO (Komitee Freies Deutschland für den Westen).

1945 kehrte er nach Deutschland zurück, war wieder Mitglied der KPD, arbeitete als persönlicher Referent des Oberbürgermeisters von Koblenz und gehörte von 1947 bis 1951 dem Landtag Rheinland-Pfalz an. 1947 war er Lizenzträger und Gesellschafter der Zeitung „Neues Leben“ und 1948 Stadtratsmitglied in Koblenz. 1949 gehörte er dem Sekretariat des Landesvorstands der KPD an und war Spitzenkandidat der KPD für die Landtagswahl 1951. In den Landtag gewählt, war er dann Vorsitzender der KPD-Fraktion. Anschließend war er Mitarbeiter im Parteivorstand der KPD.

Von 1951 bis 1956 lebte er in der DDR, in Leipzig und Berlin. Als Rundfunkredakteur zeigte er publizistisches Können, Zuverlässigkeit und seinen auch in komplizierten Situationen marxistischen Standpunkt. Nach seiner Rückkehr in die BRD arbeitete er in verschiedenen Funktionen der illegalen KPD. 1968 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der DKP und war bis 1989 beim Parteivorstand im Bereich der internationalen Arbeit tätig.

Ein Lebenslauf, der schon Grund genug für besondere Ehrungen ist. Aber hinter diesen Daten versteckt sich noch viel mehr. Für Ernst Buschmann, in Spanien und in Frankreich auch unter dem Namen Hugo Wittmann bekannt, war der Kampf nach der Befreiung Frankreichs nicht zu Ende. Er gehörte zu einer Gruppe deutscher Widerstandskämpfer, hauptsächlich ehemalige Spanienkämpfer, die sich bereit erklärt hatten, mit Hilfe der Amerikaner einen Einsatz im noch nicht befreiten Deutschland durchzuführen. Es blieb aber bei der Ausbildung unter anderem als Fallschirmspringer, zu diesem Einsatz ist es dann doch nicht mehr gekommen. Dass die US-amerikanischen Kontaktmänner damals dem Geheimdienst OSS angehörten, spielte bei der Entscheidung keine große Rolle. Das sollte erst 1950 so sein, als Buschmann sich bei der Überprüfung der Parteimitglieder wegen seiner Kontakte während seines Aufenthalts in Frankreich rechtfertigen musste. Auch dabei wurde deutlich, dass er sich, egal wo er war, beispielhaft für seine Mitstreiter einsetzte. Das war schon während der Kämpfe in Spanien und Frankreich, in der Haft in Frankreich und später in der BRD bei den rentenrechtlichen Streitereien mit den westdeutschen Behörden so.

Bundesarchiv Bild 183 H28510 Spanien Gefechtsstand des Etkar Andre Bataillons - Kämpfer an vielen Fronten - Geschichte der Arbeiterbewegung - Im Bild
Gefechtsstand des Edgar-André-Bataillons (Foto: Bundesarchiv, Bild 183-H28510 / CC-BY-SA 3.0)

Als Mitglied der VVN –- Bund der Antifaschisten und als Sprecher der Gemeinschaft ehemaliger republikanischer Spanienkämpfer setzte er sich stets für Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit ein. In seinem Auftreten spielte der Einsatz gegen Rechtsradikalismus, Neofaschismus und Militarismus immer eine zentrale Rolle. Die Anerkennung seines Kampfes gegen den Hitlerfaschismus blieb ihm in Westdeutschland verwehrt. 1974 wurde ihm durch Gerichtsbeschluss verkündet, dass sein Kampf in Spanien und Frankreich keinerlei Einfluss auf das Fortbestehen des NS-Regimes in Deutschland hatte.

In anderen Ländern sah man das anders. Im September 1984 erhielt er die Ehrenbürgerschaft der französischen Stadt Villeurbanne-Lyon und von der DDR erhielt er in Anerkennung seines Kampfes in Spanien die Beimler-Medaille. Und wäre er ein Jahr älter geworden, hätte er im Oktober 1996 die Ehrenstaatsbürgerschaft Spaniens erhalten.

Vor 25 Jahren, am 31. Januar 1996, ist Ernst Buschmann gestorben.

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"Kämpfer an vielen Fronten", UZ vom 5. Februar 2021



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