Kriegsverbrecher mit Atomwaffen

Uli Brockmeyer zu den Lehren von Hiroshima und Nagasaki

Der einstimmige Beschluss des UNO-Sicherheitsrates, der sich gegen das Atomprogramm der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik richtet und neue Sanktionen gegen das fälschlicherweise als „kommunistisches Regime“ bezeichnete Land verhängt, ist zwar überraschend, hat jedoch nicht viel mit einer Suche nach einer friedlichen Lösung des Problems zu tun. Die verkürzten Meldungen in den bürgerlichen Medien dienen eher dazu, das eigentliche Thema zu vertuschen.

Es ist bezeichnend, dass sich die Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates ausgerechnet wenige Tage vor dem 72. Jahrestag des Abwurfs der ersten Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki erneut zu einer mutmaßlichen atomaren Aufrüstung im Norden der koreanischen Halbinsel äußern. Erinnern wir daran, dass die fünf Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, darunter die USA, das Land, das die Kriegsverbrechen von Hiroshima und Nagasaki verübt hat, allesamt im Besitz von Atomwaffen sind, und dass eben diese Staaten sich geweigert haben, an der Konferenz der UNO-Generalversammlung über ein Verbot aller Atomwaffen teilzunehmen.

Dieser Hinweis sowie der Bezug auf die Verbrechen von vor 72 Jahren und das Verhalten von heute sind deshalb notwendig, weil die gesamte Geschichte der Atomwaffen mit Lügen verbunden ist. Das begann damit, dass den Wissenschaftlern, die im Auftrag der US-Regierung die Atombombe entwickelten, und den Technikern, die sie bauten, eingeredet worden war, diese Arbeit diene dem Schutz der USA und dem Sieg im Krieg gegen den Faschismus. Bis heute hält sich auch die Lüge, der Abwurf der Bomben auf die beiden japanischen Städte habe das militaristische Japan zur Kapitulation gezwungen. Das atomare Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion wurde mit dem sogenannten atomaren Gleichgewicht gerechtfertigt, obwohl seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges das atomare Arsenal für eine mehrfache Zerstörung allen Lebens auf der Erde ausreicht.

Auch die Vereinbarungen über das Verbot der Weitergabe waren mit Lügen gespickt. Warum wurde einigen Staaten, wie zum Beispiel Indien, Pakistan oder Israel, die Herstellung von Atomwaffen mehr oder weniger stillschweigend gestattet? Warum wird es ausgerechnet den Iranern und den Nordkoreanern unter Androhung eines Krieges verboten, ebenfalls Atomwaffen herzustellen?

Man muss es wirklich nicht begrüßen, wenn in Nordkorea an der Bombe gebastelt wird. Aber es gibt auch keine Rechtfertigung dafür, wegen eines derartigen Programms, dessen „Erfolg“ zudem äußerst fraglich ist, den nordkoreanischen Teufel an alle Wände zu malen. Es ist unlogisch und zugleich verlogen zu behaupten, die Nordkoreaner würden demnächst die USA militärisch angreifen. Diese Lüge haben die USA und ihre Hilfswilligen zum Anlass für den Krieg gegen den Irak benutzt, mit bekanntem Resultat. Wenn man aber, wie einige US-Außenpolitiker behaupten, das nordkoreanische Atomproblem auf diplomatischem Wege lösen will, dann muss man die Regierung in Pjöngjang zunächst als Gesprächspartner betrachten, statt sie zu erniedrigen.

Und dann sollte man über die einzig logische Lösung nachdenken, nämlich die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone auf der koreanischen Halbinsel, was die Abschaffung der Atomraketen der USA in Südkorea mit einschließen würde. Zudem wäre damit ein kleiner, aber immerhin hoffnungsvoller Anfang gemacht für weitere Schritte auf dem Weg der Abschaffung ausnahmslos aller Atomwaffen in der ganzen Welt. Das sind wir nicht nur den Opfern von Hiroshima und Nagasaki schuldig.

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"Kriegsverbrecher mit Atomwaffen", UZ vom 11. August 2017



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