Trotz verheerender Bilanz – Fortsetzung der GroKo im Saarland

Landtagswahlen im Saarland: Linke Alternative nicht sichtbar

Von Thomas Hagenhofer

Die Wahl fand in einem Klima anhaltenden Drucks von rechts statt, u. a. geprägt durch den Ausbau des Überwachungsstaates, durch den Abbau demokratischer Rechte, durch Abschottung und Abschiebungen gegen Geflüchtete und beständigem und zum Teil wachsenden Druck in Betrieben, Verwaltungen, Gesundheitswesen. Und gleichzeitig erleben wir eine Situation, in der für große Teile der Arbeiterklasse in Deutschland die krisenhafte Entwicklung in der kapitalistischen Wirtschaft noch nicht richtig spürbar ist. Obwohl die Zukunftsängste zugenommen haben.

Die Ablösung der GroKo und die Verdrängung der CDU aus der Regierungsverantwortung gelangen im Saarland bei dieser Landtagswahl nicht. 48500 Saarländer gingen diesmal mehr zur Wahl als 2012, etwa 30 Prozent nicht. Die CDU gewann rund 48 000 Stimmen dazu, die SPD rund 9 000. Die Partei „Die Linke“ verlor 9 000 Stimmen. Piraten und Bündnis-Grüne sind nicht mehr im Landtag. SPD und „Die Linke“ verloren zusammen 4,3 Prozent, die Grünen 1 Prozent und die Piraten fast 7 Prozent. Die extrem rechte AfD Saar zieht mit 6,2 Prozent der Stimmen in den Landtag ein und stellt auch noch den Alterspräsidenten.

Deutungen und Interpretationen haben jetzt Hochkonjunktur. Interessierte Kreise sehen das Ergebnis als Absage an eine Rot-Rote-Landesregierung. Unsere Fragen sind: Warum kann sich die CDU so behaupten und warum gelingt es nicht, links von der CDU eine überzeugende Alternative aufzubauen?

Die SPD war inhaltlich kein Gegner der CDU. Sie überließ der CDU in manchen Fragen die Rolle einer besseren SPD und ist, bis auf die letzten Wochen vor der Wahl, völlig in der großen Koalition gefangen geblieben. Die CDU hing sich den Mantel der SPD um. Sie hatte geschickt das Thema „Pflegenotstand“ aufgegriffen. Mit der angekündigten Ermittlung von Sollzahlen für Pflegestellen und mit der Bundesrats­initiative hierzu hat sie sich als „Kümmerer“ und „Macher“ darstellen können. Sie verteilte vor saarländischen Betrieben (!) ein Massenflugblatt, in dem sie mit geschickten Versprechungen in sozialen Fragen ungestört in der Hälfte der SPD kicken konnte. 75 Prozent der SPD-Wähler und die Hälfte der Wähler der Partei „Die Linke“ sahen in Kramp-Karrenbauer eine gute Ministerpräsidentin. Die SPD ließ sich die Wurst vom Brot nehmen. Sie ließ bis zum Schluss konzeptions- und richtungslos die Koalitionsfrage offen.

Die CDU konnte ungehindert das „Gespenst“ von „Rot-Rot“ als Gefahr an die Wand malen und ihre Wählerschaft mobilisieren.

Im Saarland lag und liegt das Problem für den Wahlsieg der CDU vor allem an der SPD. Sie bewegt sich nicht weg von der neoliberalen Grundlinie, auch nicht weg von den Inhalten der Agenda 2010. Noch einen Tag vor der Wahl sagte die Spitzenkandidatin Rehlinger im ZDF, dass die Schuldenbremse bleibe, egal welche Regierungsoption es gäbe. In Wahlkampfflyern rühmte sich die SPD für die Sparpolitik der GroKo. Mit Austeritätspolitik kann man im Saarland keine Eckpunkte für eine andere Politik im Interesse der Arbeitenden präsentieren. Die verbalen Ankündigungen von Schulz sind deutlich zu wenig und ersetzen keine glaubhafte Alternative.

Die Partei „Die Linke“ muss sich fragen, ob ihre Wahlkampfstrategie und Taktik dem inhaltlichen Zustand und Problem in der SPD entsprochen hat. Wie wurde damit inhaltlich umgegangen? Warum gab es die Diskrepanz zwischen Wahlprogramm und dem Agieren von Oskar Lafontaine?

Warum gab es keinen Frontalangriff auf Kaputtsparpolitik und den Zwang zur Schuldenbremse?

Lafontaine hatte vor einem Jahr gesagt, seine Partei würde nur in eine Koalition mit SPD und Grünen gehen, wenn sich die Lage der arbeitenden Menschen dadurch verbessert. Was war von diesen „Verbesserungen“ als Druck im Wahlkampf noch zu verspüren?

SPD und auch „Die Linke“ strebten letztlich im Saarland nur einen Regierungswechsel an, ein Programm für einen Politikwechsel gab es nicht, er war nicht wählbar. Das war keine anziehende und überzeugende Alternative zur Politik der GroKo. Es fehlten die Inhalte, die Eckpunkte für einen Politikwechsel. Die Zufriedenheitswerte mit der Politik der GroKo sind Ergebnis dieser fehlenden Alternative. Das ist die Ursache für den Wahlsieg der CDU und für die Niederlage links davon.

Schmerzlich ist darüber hinaus der Einzug der AFD. Der extrem rechte Landesverband wird dort mit einem gruseligen Personal vertreten sein, das weder vor NPD-Kontakten noch vor dem Handel mit NS-Devotionalien zurückschreckt. Der Landesvorsitzende Dörr hat in klassischem NS-Jargon angekündigt, die anderen Parteien im Landtag „vor sich her zu treiben“. Jetzt kommt es darauf an, dass die antifaschistischen Kräfte im Saarland eine kluge Strategie und Praxis entwickeln, wie der Einfluss der äußersten Rechten wieder zurückgedrängt werden kann.

Die DKP hat für die Ablösung der GroKo und für die Verdrängung der CDU aus Regierungsverantwortung agiert. Die CDU ist der Stoßtrupp der Verschärfung des neoliberalistischen Kurses und der Austeritätspolitik. Die DKP hat mit ihren bescheidenen Mitteln und Möglichkeiten entsprechende inhaltliche Positionen bezogen. Mit einem Plakat und Flugblättern, mit Veranstaltungen haben wir in den Wahlkampf eingegriffen und Alternativen der DKP dargestellt. Vor allem im Arbeitskampf der Krankenhaus-Beschäftigten hat sich die DKP solidarisch engagiert und versucht, Zusammenhänge zu vermitteln.

Aus unserer Sicht müssen jetzt Schlussfolgerungen für Strategie und Taktik der DKP in den bevorstehenden Wahlen diskutiert werden. Zu beantworten sind die Fragen: Was sind unsere politischen Ziele für Veränderungen bezogen auf Wahlen und auf welchen Wegen sind diese erreichbar? Werden wir mit der Eigenkandidatur als Dreh- und Angelpunkt des politischen Eingreifens bei Wahlen unserer Verantwortung wirklich gerecht?

Sicher ist: Es bleibt der Vorrang von Profitinteressen und der Kaputtsparpolitik in der Landespolitik.

Sicher ist: Es bleibt der Widerstand, der zunehmen muss, um dies zu ändern.

Sicher ist: SPD und „Die Linke“ brauchen mehr Druck. Notwendig ist der Druck von außerhalb des Landtages.

Insgesamt gesehen ist dieses Resultat ein Traumergebnis für das Kapital. Die IHK kann jubeln, der Kaputtsparkurs wird planmäßig fortgesetzt.

Den linken Kräften im Saarland muss mehr einfallen als Personenwahlkampf. Ohne eine inhaltlich sichtbare Alternative zur Kürzungspolitik wird es auch in fünf Jahren nichts mit einem Wechsel nach links. Notwendig ist, es muss sich im Saarland ein Potential zusammenfinden und vernetzen, das sich inhaltlich gegen neoliberale Landespolitik definiert; ein Potential, das die sozialen Bewegungen erfasst und darüber hinaus geht, in dem die DKP ihren Platz hat und das Kräfte der Partei „Die Linke“ erfasst. Ein solches Potential kann den nötigen Druck ausüben auf SPD und auch die Partei „Die Linke“, um einen Politikwechsel zu erreichen.

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"Landtagswahlen im Saarland: Linke Alternative nicht sichtbar", UZ vom 31. März 2017



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