NRW-Landesregierung brüskiert Betriebsrat von Thyssen-Krupp-Stahl

Laschet, Kraft und Cromme

Von Willi Hendricks

Die Allianz zwischen dem Thyssen-Krupp-Konzern und der von CDU-Ministerpräsident Laschet geführten Landesregierung verheißt nichts Gutes. Die Richtung ist vorgegeben. Bereits im August war Laschet mit Konzernchef Hiesinger zusammengetroffen. Es ging um die aktuelle Lage von Thyssen-Krupp. Gegenüber Belegschaft und Öffentlichkeit wurde Stillschweigen gewahrt. Laschets Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) war weniger zurückhaltend. Im Landtag sagte er: „Wir haben mit der möglichen Fusion mit Tata die Chance, mit einem starken Partner in Europa zusammengehen zu können“.

Weiteren Rückhalt erfährt Thyssen-Krupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger vom ehemaligen Konzern-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme zu Anfang Dezember: „Das jetzt geplante Bündnis der deutschen Stahlsparte mit dem indischen Wettbewerber Tata halte ich für goldrichtig“, und weiter, „man muss offen sein für Veränderungen, sonst bleibt man stehen und fällt irgendwann zurück.“ In diesem Zusammenhang erinnerte er an den Kampf um das Stahlwerk in Rheinhausen vor 30 Jahren. Damals machte er sich als Jobkiller einen Namen. Das Werk wurde auf sein Betreiben stillgelegt; 5 300 Stahlarbeiter und 700 Lehrlinge verloren ihre Arbeit. In folgenden Jahren drückte er die Fusion mit Hoesch durch und schließlich dann den Zusammenschluss mit Thyssen. Wiederum fielen Tausende Arbeitsplätze der ungezügelten Profitsucht anheim.

Als Vorsitzender des Siemens-Aufsichtsrats zeigt sich Cromme auch hier als rigoroser Arbeitsplatzvernichter. Obgleich der Konzern sechs Milliarden Euro Gewinn erzielt, verteidigt er vehement die geplanten Einschnitte in der Kraftwerkssparte (vorwiegend Turbinenbau), von denen auch das Werk in Mülheim betroffen ist. Rund 7 000 Arbeitsplätze stehen insgesamt auf dem Spiel.

Ob Hiesinger oder Cromme – gleiche Brüder gleiche Kappen. Alles was zählt, sind Höchstprofite. Solidarisches Miteinander der Stahlkocher und Siemensarbeiter im Kampf gegen Unternehmerwillkür wäre dringend geboten. NRW-Landesregierungen haben zu keiner Zeit konsequent Stellung bezogen gegen die massenhafte Vernichtung von Arbeitsplätzen, geschweige denn Maßnahmen gegen den Kahlschlag ergriffen. Weder bei Krupp in Rheinhausen, noch in folgenden Jahren bei Hoesch in Dortmund oder aktuell bei Thyssen-Stahl in Duisburg oder anderswo. Ministerpräsident Laschets Vorgängerin Hannelore Kraft (SPD) hielt es nicht einmal für angemessen, an der Großdemo mit 7 500 Stahlkochern am 3. Mai dieses Jahres vor dem Thyssen-Werk in Duisburg-Süd teilzunehmen. Die Konzernchefs würdigen ihr Wohlverhalten gegenüber Großunternehmen mit lukrativen Posten: Die frühere Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens und einstige Unternehmensberaterin, ist für einen Sitz im Aufsichtsrat des Steinkohlekonzerns RAG, der ehemaligen Ruhrkohle vorgesehen.

Das Zusammenspiel von Politik und Unternehmertum hat die Empörung und Kampfbereitschaft bei Thyssen-Krupp-Stahl verstärkt. Betriebsrat und Stahlarbeiter sind das seit mehr als 18 Monaten dauernde Hinhaltemanöver des Konzernchefs Heinrich Hiesinger endgültig leid. Sie sind wütend, weil der Konzernvorstand auf ihre Forderungen im Zusammenhang mit der geplanten Stahlfusion mit dem indischen Multiunternehmen Tata nicht reagiert hat. Unter ihren zehn Forderungen zählt zu den wichtigsten die nach einer Standortgarantie von mindestens zehn Jahren. Bis spätestens 22. Dezember gegen Mitternacht verlangt der Betriebsrat ein Angebot, wie die wesentlichen Forderungen der Stahlarbeiter für einen Zusammenschluss mit Tata tarifvertraglich abgesichert werden sollen. Über ein erstes Angebot seitens der Konzernleitung soll zu Beginn dieser Woche verhandelt werden. Der Argwohn gegenüber den bisherigen Zugeständnissen überwiegt. Dennoch gibt es Bereitschaft für Verhandlungen. Hierzu sagte der Vorsitzende der IGM-NRW Knut Giesler: „Es geht jetzt um eine Lösung für die Menschen. Wenn die Arbeitgeberseite sich jetzt bewegen will, ist das ein Signal, das wir aufnehmen“.

Die Mitglieder der IG Metall stimmen im Januar darüber ab, ob sie das Konzernangebot billigen oder nicht. In dreizehn Standorten von Thyssen-Krupp-Stahl wird darüber entschieden. Das zwischen den Betriebsräten vereinbarte Verfahren sieht vor, dass jeder einzelne Standort zustimmen muss. Auf Grund satter Gewinne erklärte Gesamtbetriebsratsvorsitzender Günter Back „Das Geschäftsjahr hat bewiesen, dass wir auch ohne Tata können.“ Im Betriebsrat wird stark bezweifelt, dass dem Zusammenschluss zugestimmt wird. Nach seiner Einschätzung würde sich zurzeit keine Mehrheit dafür ergeben.

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"Laschet, Kraft und Cromme", UZ vom 15. Dezember 2017



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