Der Ernst-Busch-Chor auf dem 21. UZ-Pressefest

Mit Leidenschaft und parteilicher Vehemenz

Der Ernst-Busch-Chor Berlin besteht seit über 40 Jahren. Er ist ein gemischter Seniorenchor und pflegt mit Leidenschaft und parteilicher Vehemenz das Liedgut der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung. Mit demselben Engagement aber auch Volkslieder, Scherzlieder, Liebeslieder sowie ganz und gar nicht zuletzt Lieder des klassischen und zeitgenössischen Musikerbes. Kompositionen ebenso von Händel, Mozart, Beethoven oder Schubert wie von Schostakowitsch, Schwaen oder Dessau und weiteren DDR-Komponisten.

Nein, das Rote Berlin ist bei Festen, Gedenk- oder Prostestveranstaltungen ohne den Chor fast nicht mehr vorstellbar. So lag es auf der Hand, für das UZ-Pressefest den Ernst-Busch-Chor anzufragen und die begeisterte Freude darüber war bereits die Antwort. Endlich sei das Pressefest nicht so weit entfernt und endlich könne der Chor bei dieser schönen und wichtigen Gelegenheit auftreten. Ein lange gehegter Wunsch geht jetzt in Erfüllung!

Aber auch ein anderer lange gehegter Wunsch. Anlass war ja die Frage, ob es nicht denkbar sei, dass der Chor nichts Geringeres als Ludwig van Beethovens „Chorfantasie“ – von 1808 – auf dem Pressefest der DKP aufführen könne. Zustimmung und Bestärkung waren die sofortige Reaktionen der Vorsitzenden des Chores, Rita Berger, und des Musikalischen Leiters Daniel Selle – geht es doch um jene Version des Werkes, für die 1951 Johannes R. Becher extra einen neuen Gesangstext gedichtet hatte. Quasi „im Auftrag Beethovens“! Der nämlich wünschte sich für sein kurzfristig komponiertes Werk einen neuen, besseren Text – nur mit der Auflage, das Wort „Kraft“ an der Stelle bestehen zu lassen. Das berücksichtigte Becher, als er im Auftrag des Zentralrats der FDJ für die Weltfestspiele der Jugend, die im selben Jahr in der Hauptstadt der DDR stattfinden sollten, den Gesangslinien neue Verse unterlegte, die dem Geist Beethovens entsprechen, aber auch der Vorlage treu bleiben. Das gelang Becher glänzend. immerhin stellt die eigentümliche Komposition von etwa zwanzig Minuten Aufführungsdauer eine deutlich hörbare Vorstufe zum Schlusssatz der „Neunten“ dar. Dennoch ist es ein eigenständiges Opus! Es beginnt mit einem längeren Klaviersolo, das Beethoven bei der Uraufführung selbst am Flügel improvisierte, dann fällt das ganze Sinfonieorchester wie bei einem Klavierkonzert ein und zuletzt steigert sich der Satz zu einer rauschend mitreißenden Chorhymne, die bereits in der Urfassung den Frieden besang und die Kraft der Menschheit beim Erringen einer besseren Welt. Wenn das mit den Idealen der Arbeiterklasse nicht seit jeher etwas zu tun hat …

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Doch nach Corona und in so kurzer Frist, obendrein unterbrochen von dem Sommerferien, ist solch eine Aufgabe, zumal für einen Laienchor, so geübt und enthusiastisch auch immer er bei der Sache ist, kaum zu schaffen. Darum wird die Darbietung zum Abschluss der Friedensmanifestation auf dem Rosa-Luxemburg-Platz am 27. August um etwa 18.30 Uhr nicht das Werk in seiner ganzen Form bringen können, doch die Version als dreistrophiges Lied a capella – ein Versprechen für die Zukunft! Und welches Lied würde als Überleitung von den politischen Reden zu Beethovens Aufruf besser geeignet sein als Schostakowitschs „Weltfriedenslied“!?

Damit wird der Chor das Pressefest nicht verlassen, sondern anschließend geht es gleich weiter ins Kino Babylon, wo er um 19.30 Uhr mit Klängen Jacques Offenbachs in der Unterwelt Orpheus auf der Suche nach seiner Eurydike begrüßen wird, um später im berühmtesten Can-Can der Welt den Aufstand zu proben, und wieder muss die Musik, muss das Ganze (von Hacks!) als zündend bezeichnet werden! Wir freuen uns sehr, dass der Chor umstandslos bereit war, auch bei der „musikalischen Lesung“ der „Operette für Schauspieler“ mitzusingen. Schon beim Gastspiel der Bitterfelder Uraufführungs-Inszenierung (Mehrle/Nolte), die 2003 im „Tränenpalast“ in Berlin stattfand, hatte der Ernst-Busch-Chor mitgewirkt – und einer der damaligen Sänger ist auch dieses Mal wieder dabei.

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"Mit Leidenschaft und parteilicher Vehemenz", UZ vom 29. Juli 2022



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