Gabriel will TTIP durchbringen, Bsirske wirbt für Demonstrationen

Mit Tricks zum Freihandel

Sigmar Gabriels Position zu den umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada, TTIP und Ceta, steht zunehmend unter Druck. Der Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende will seine Partei auf einem Parteikonvent am 19. September für die Abkommen gewinnen, doch sein Rückhalt schwindet offenbar immer mehr.

Noch vor zwei Jahren konnte Ga­briel den Eindruck vermitteln, es sei in dieser Frage zu einem Schulterschluss mit den großen Gewerkschaften gekommen. Durch eine gemeinsame Erklärung mit DGB-Chef Reiner Hoffmann entstand damals der Eindruck, im Streit um die Handelsabkommen habe es der Wirtschaftsminister geschafft, die acht DGB-Einzelgewerkschaften mit ihren gut sechs Millionen Mitgliedern auf seine Seite zu ziehen. Heute stehen alle außer der Bergbaugewerkschaft IG BCE gegen ihn. Die IG Metall schwankt noch: Die endgültige Positionierung werde noch geprüft, heißt es dort.

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Vor allem ver.di macht mobil. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hat am Dienstag bei einer Pressekonferenz des „Bündnisses gegen Ceta und TTIP“ dazu aufgerufen, sich an den Demons­trationen des Bündnisses zu beteiligen. Am 17. September, zwei Tage vor dem Parteikonvent, werden über 100 000 Demonstranten in sieben Städten erwartet.

Allein von der IG BCE bekommt Gabriel Rückhalt. Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis warf dem DGB und anderen Gewerkschaften im „Spiegel“ vor, sie seien in ihrer Ablehnung in einem „emotionalen Kampagnenmodus“ gefangen. Die Gewerkschaft begründet ihre Zustimmung damit, dass das Abkommen unter dem Strich Vorteile für die exportorientierte deutsche Wirtschaft bringe. Außerdem seien einige Forderungen der Gewerkschaften in den 2 286 Seiten umfassenden Vertragstext eingeflossen.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat dem Wirtschaftsminister nun Trickserei vorgeworfen. Gabriel wolle das Ceta-Abkommen mit Kanada nur durchpeitschen, um den Weg für TTIP zu ebnen, sagte Foodwatch-Chef Thilo Bode in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Das sei dessen Strategie: Gabriel rede Ceta schön, weil er TTIP haben wolle. „Deshalb macht er uns vor, dass das Abkommen mit Amerika gescheitert ist. Damit wir wegschauen.“

Zuvor hatte Gabriel in seinem Ministerium eine „umfassende“ Bewertung der bisherigen TTIP-Verhandlungen vornehmen lassen. Darin war aufgeführt, dass es bislang in keinem der 27 bis 30 Kapitel, die das Abkommen am Ende umfassen könnte, „eine Verständigung in der Sache“ gebe. In wesentlichen Punkten existierten demnach „grundsätzliche Auffassungsunterschiede“. Unter anderem betreffe das die Kapitel öffentliche Beschaffung und Investitionsschutz. Das Ziel, die Verhandlungen bis zum Jahresende abzuschließen, sei deshalb unmöglich zu erreichen.

Bundeskanzlerin Merkel hält dessen ungeachtet an der Terminplanung fest – genauso wie die EU-Kommission. Die CDU erhöht den Druck auf Ga­briel seine Partei auf Linie zu bringen. Fortschritte bei den Verhandlungen setzten politisches Engagement voraus, und an diesem mangele es Ga­briel angesichts des Widerstands in der SPD, kritisieren Unionspolitiker. „Hier ist der Wirtschaftsminister gefordert, er muss seine Partei zur Ordnung rufen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Michael Fuchs. Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, forderte laut „Handelsblatt“ „vom Bundeswirtschaftsminister eine Klarstellung, dass er sich für die deutsche Industrie einsetzt“.

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"Mit Tricks zum Freihandel", UZ vom 26. August 2016



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