Linkspartei-Linke diskutiert Perspektiven

Nicht im Merkel-Lager

Von Olaf Matthes

Wie soll die Linkspartei mit den eigenen Wahlniederlagen und dem Aufstieg der AfD umgehen? Um diese Frage zu diskutieren, luden die linken Strömungen in der Linkspartei zu einer Strategiediskussion unter dem Titel „Welche Aufgaben hat ‚Die Linke‘? – Für einen sozialen Aufbruch, gegen rechten Terror und Rassismus“ am 29. April ins Berliner ND-Haus. Die Konferenz zeige, so schätzten Teilnehmer ein, dass die Parteilinke gestärkt sei und zusammenrücke.

Bei den Landtagswahlen am 13. März hatte die Linkspartei in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz weniger als 5 Prozent der Stimmen erhalten, in Sachsen-Anhalt hatte sie über sieben Prozentpunkte verloren, während die AfD sehr hohe Ergebnisse erzielte. Das „Kernproblem“, so die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht, in ihrem Einleitungsbeitrag zur Abschlussdiskussion, sei gewesen, dass die AfD sich als Alternative zu den Etablierten habe darstellen können – tatsächlich stehe diese Partei für „die muffige Variante des neoliberalen Programms“. Die Linkspartei hätten die Wähler dagegen „als Teil des Merkel-Lagers, als Teil des etablierten Parteienkartells wahrgenommen“. Die Linkspartei dürfe nicht arrogant über soziale Ängste hinweggehen.

Auch die Bundestagsabgeordnete Inge Höger kritisierte die Haltung, die Teile der Partei zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung eingenommen hatten: „Alle haben Merkel bejubelt – auch einige aus unserer Partei“. Die Linkspartei solle wieder die Klassenfrage in den Mittelpunkt stellen und deutlich machen, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht.

Wagenknecht zog aus den Wahlniederlagen die Schlussfolgerung, dass die Partei „keinen Regierungswahlkampf machen“ dürfe, sondern die Abgrenzung zu anderen Parteien in den Vordergrund stellen solle. Ellen Brombacher, Sprecherin der Kommunistischen Plattform, stellte fest, dass die Berliner Linkspartei für die Abgeordnetenhauswahlen im September auf eine „fast pure Orientierung auf Regierungsbeteiligung“ setzt – für die Parteibasis sei das „eine schlimme Situation“.

Einige Tage zuvor hatten die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger ein Strategiepapier zur Vorbereitung des Parteitages veröffentlicht. In dem Papier mit dem Titel „Revolution für soziale Gerechtigkeit und Demokratie!“ treffen sie die Einschätzung: „Es gibt kein linkes Lager der Parteien mehr.“ Die Parteilinke sieht diese Formel als Gelegenheit, um die Orientierung auf Regierungsbeteiligungen auch um den Preis weitgehender inhaltlicher Zugeständnisse auf dem Parteitag zu hinterfragen.

Einige Redebeiträge auf der Konferenz bezogen sich auf das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“, das gegen die AfD mobilisieren will und in dessen Koordinierungskreis unter anderem Linkspartei-Mitglieder aus dem Umfeld des Netzwerks „Marx21“ mitarbeiten. „Wenn SPD und Grüne in einem Bündnis gegen Rassismus mitmachen, müssen sie nicht alles andere auch noch unterschreiben“, argumentierte Bernd Riexinger. Man müsse diese Leute in Widerspruch zur eigenen Partei bringen und Erfahrungen im gemeinsamen Kampf organisieren. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im hessischen Landtag, Janine Wissler, sagte, man könne den Kampf gegen Rassismus nicht vom Kampf für soziale Gerechtigkeit trennen. Breite Bündnisse gegen rechts seien richtig, aber man dürfe „über den Rassismus der sogenannten Mitte nicht schweigen“. Sahra Wagenknecht sagte, Bündnisse gegen Rassismus seien notwendig – „aber nicht mit denen, die durch ihre Politik den Rassismus mit befördert haben“. Schließlich sei die AfD ein „Produkt neoliberaler Politik“, die auch SPD und Grüne mit verantworten.

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"Nicht im Merkel-Lager", UZ vom 6. Mai 2016



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