Pflegenotstand bleibt

Werner Sarbok im Gespräch mit Stefan Jagel

Mehr als 100 000 Bürgerinnen und Bürger hatten die Initiative des Volksbegehrens „Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern“ unterschrieben, es wurde von einem breiten Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Vereinen unterstützt. Darüber sprachen wir mit Stefan Jagel, Stellvertretender Beauftragter des Volksbegehrens und einer der Initiatoren.

UZ: Was war die Kernforderung des Volksbegehrens?

Stefan Jagel: Die Kernforderung war die Personalbemessung nach dem Bedarf. Sie sollte für alle Stationen und alle Bereiche gelten.

UZ: Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat das Volksbegehren gegen den Pflegenotstand in Krankenhäusern als unzulässig verworfen. Das hatte zuvor auch das Innenministerium entschieden. Wie hat die Justiz ihre Ablehnung begründet?

Stefan Jagel: Begründet wurde die Ablehnung mit der gesetzgeberischen Veränderung durch das Personaluntergrenzengesetz ab dem 1. Januar 2019. Damit liege die Gesetzgebungskompetenz beim Bund. Das Gericht vertrat die Auffassung, dieses Gesetz sei eine Personalbemessung, das Volksbegehren ebenfalls, was da quantitativ anders sei, sei keine juristische Bewertung, sondern eine methodische – daher habe das Verfassungsgericht über diese Frage nicht zu entscheiden.

UZ: Wie bewertet ihr die Ablehnung?

Stefan Jagel: Auch wenn das juristisch so sein sollte: Politisch ist das dramatisch, weil durch die Untergrenzen in den Krankenhäusern der Personalnotstand festgeschrieben wird. Die Untergrenzen sind ja lediglich ein Mindestmaß und bei weitem nicht ausreichend. Die Untergrenzen gelten nicht für alle Bereiche, es wird dazu führen, dass Personal nur in bestimmte Abteilungen umgeleitet wird, um dort die Untergrenzen einzuhalten. Häufig werden sie auch nicht eingehalten.

Aus unserer Sicht sind Qualitätsstandards Aufgabe der Länder. Es wäre ja möglich, Qualitätsvorgaben in die Landeskrankenhausplänen einzuarbeiten. Doch das macht die Landesregierung nicht.

UZ: Hat eure Initiative dennoch etwas bewirkt?

Stefan Jagel: Ja, unser Volksbegehren war nicht umsonst. Wir haben das Thema Pflege zu einem zentralen Thema in den letzten sechs Monaten in Bayern gemacht. Wir haben eine gute Öffentlichkeitsarbeit entwickelt und haben viel Solidarität von der Bevölkerung erfahren.

UZ: Was plant ihr für die Zukunft?

Stefan Jagel: Wir diskutieren gerade, wie wir weitermachen. Einerseits wollen wir den Fokus auf die Auseinandersetzungen legen. Zum anderen haben wir im nächsten Jahr in Bayern Kommunalwahlen. In Bayern sind fast zwei Drittel aller Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft. Das bedeutet, dass wir dieses Thema sehr gut in den Kommunalwahlkampf einbringen können.

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"Pflegenotstand bleibt", UZ vom 9. August 2019



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