Filmtipp: „Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution“

Protest auf dem Laufsteg

Maria Duarte, Morning Star

Der Protest bei der Wahl zur „Miss World“ im Jahr 1970, der durch die neu formierte Frauenbewegung von 1970 organisiert wurde und sie über Nacht weltberühmt machte, wird nun in einem wunderbar unterhaltsamen und doch ergreifenden Film in Form einer Mischung aus Komödie und Drama verewigt und gefeiert.

Die Protestierenden, die als Zuschauer in einen im Fernsehen übertragenen Schönheitswettbewerb eindrangen, unterbrachen den Ablauf der Live-Sendung. Sie schleuderten Mehlbomben und feuerten eine Wasserpistole auf den Moderator der Show ab. Beim Moderator handelte es sich um die „Comedy-Legende“ Bob Hope (Greg Kinnear), der als Frauenheld bekannt war. Nach seinen entsetzlichen sexistischen Witzen und aus Protest gegen die erniedrigende Art und Weise, in der die „Miss World“-Wahl händelte und die Frauen präsentierte, gingen die Protestierenden zum Angriff über.

Mit 100 Millionen Zuschauern war die Wahl zur „Miss World“ damals eine der beliebtesten Fernsehsendungen der Welt. Die Show galt als ein Muss für Familien – heute kaum noch vorstellbar.

Der Film folgt der geschiedenen alleinerziehenden Mutter Sally Alexander (Keira Knightley) aus der Mittelschicht, die sich einer Gruppe von Aktivistinnen unter der Leitung der radikalen Jo Robinson (gespielt von einer energiegeladenen Jessie Buckley) anschließt und widerwillig zum Mediengesicht der Frauenrechtsorganisation wird.

Während diese Frauen Geschichte schrieben, taten dies auch die Organisatoren der „Miss World“-Wahl, indem sie – zugegebenermaßen auf Druck – die erste schwarze Kandidatin aus Südafrika (Loreece Harrison) teilnehmen ließen. Und sie kürten zum ersten Mal eine nicht weiße Frau als Siegerin, sondern Miss Grenada, Jennifer Hosten (Gugu Mbatha-Raw).

Der Film zeigt deutlich, dass die Aktivistinnen keinen Streit mit den Kandidatinnen hatten, sondern mit der sexistischen und demütigenden Art und Weise, wie der „Miss World“-Wettbewerb durchgeführt wurde. Frauen in Badeanzügen mussten sich vor einer rein weißen, sabbernden Jury vorführen lassen, die von Julia (Keeley Hawes) und Eric Morley (Rhys Ifans) geleitet wurde.

Doch die schwarzen Teilnehmerinnen sahen darin eine große Chance, sich der Welt zu präsentieren, ihre Träume zu verwirklichen und alle jungen schwarzen Mädchen zu inspirieren, die die Show sahen.

Mit einem klugen und geistreichen Drehbuch, das aus der Feder von Rebecca Frayn und Gaby Chiappe stammt, einer hervorragenden Regie von Philippa Lowthorpe und herausragenden Leistungen der hochkarätig besetzten Rollen fängt der Film die gesellschaftspolitische Situation jener Zeit und die wachsende Stärke der Bürgerrechts-, Schwulen- und Frauenbewegungen ein.

Im Abspann sieht man die Frauen aus dem wirklichen Leben, die die „Miss World“-Wahl verändert haben, die aber auch für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Kinderbetreuung auf Abruf und gleiche Bildungschancen kämpften.

Leider scheint sich wenig geändert zu haben.

Übersetzung und Bearbeitung: Lars Mörking


„Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution“ (2020)
Originaltitel: Misbehaviour
Regie: Philippa Lowthorpe

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"Protest auf dem Laufsteg", UZ vom 20. März 2020



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