Trotz Repressionen: Palästina-Solidarität an US-Hochschulen ungebrochen

Protest nicht zu stoppen

Mark Gruenberg, Benjamin Bath und John Wojcik, People’s World. Übersetzt und bearbeitet von Melina Deymann

Die Proteste gegen die US-Politik im Gazastreifen, die sich auf College-Campuse im ganzen Land ausgebreitet haben und inzwischen durch Hunderte von zum Teil gewaltsamen Verhaftungen friedlicher Demonstranten gekennzeichnet sind, werden Präsident Joseph Biden nicht dazu veranlassen, seine Politik der nicht enden wollenden Militärhilfe für die israelische Kriegsmaschine zu ändern.

Als ein Reporter ihn am Donnerstag vergangener Woche auf einer Pressekonferenz fragte, ob die Proteste zu einer Änderung seiner Politik führen könnten, antwortete er mit einem entschiedenen „Nein“, klappte sein Notizbuch zu und verließ den Roosevelt Room des Weißen Hauses, wo die Pressekonferenz stattfand.

Biden behauptet, er unterstütze das Recht auf Protest, ein Recht, das nicht von ihm, den Universitäten oder der Polizei, sondern von der US-Verfassung gewährt wird. Er stellt sich jedoch auf die Seite von „Recht und Ordnung“, wenn es um die Unterdrückung von US-Studenten geht, aber nicht so sehr, wenn es um die Unterdrückung der von den USA unterstützten Aktivitäten Israels in Gaza, im Westjordanland und anderswo ging.

Biden verurteilte die Studenten für die Schließung der Universitäten, obwohl in Wirklichkeit keine der Studentenaktionen eine Schließung erforderte. Als der Präsident sprach, war jede einzelne Universität in Gaza bereits von den israelischen Streitkräften vollständig zerstört worden.

Während er den angeblichen Hausfriedensbruch von Studenten verurteilte, die viele tausend US-Dollar an Studiengebühren zahlen und sich oft lebenslang verschulden, nachdem die Universitäten ihr Geld genommen haben, sagte er nichts über den Hausfriedensbruch durch israelische Siedler im Westjordanland und anderswo. In den letzten Monaten gab es mindestens 800 gewaltsame Übergriffe auf Palästinenser, weil israelische Siedler in ihre Häuser einbrechen, sie vertreiben und ihr Eigentum stehlen. Viele Palästinenser sind dabei getötet worden.

Biden sprach auch darüber, dass jungen Menschen durch angeblich „chaotische“ Demonstranten das Recht auf Bildung verweigert wird. Nichts von dem, was sie getan haben, hat dazu geführt, dass die College-Verwaltung den Unterricht ausfallen lassen musste. Biden sagte nichts über die 14.000 Kinder, die in Gaza getötet wurden und nie wieder irgendeine Art von Unterricht in irgendeiner Schule besuchen werden.

Auf die Frage, ob die Nationalgarde eingreifen solle, um die Demonstranten zu vertreiben, wie es der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, Anfang der Woche in New York gefordert hatte, antwortete der Präsident, er hege keine solchen Absichten. Die Erinnerung daran, dass die Nationalgarde an der Kent State University vier Studenten erschossen hat, die gegen den Krieg in Vietnam protestierten, ist noch immer in den Köpfen von Millionen von Menschen verankert.

Die Demonstranten fordern einen sofortigen Waffenstillstand, aber auch ein Ende der US-Militärhilfe für Israel und der Investitionen in Universitäten in diesem Land. Israels Militär hat in den USA hergestellte und gekaufte Waffen, Bomben und Flugzeuge eingesetzt, um den Gazastreifen und seine Zivilbevölkerung zu verwüsten. Auf Bidens Geheiß hat der Kongress vor wenigen Tagen weitere Militärhilfe für Israel in Höhe von mindestens 14 Milliarden US-Dollar bewilligt.

Der israelische Krieg gegen den Gazastreifen hat mehr als 35.000 Zivilisten getötet, 70 Prozent davon Frauen und Kinder, Tendenz steigend. Außerdem wurden 85 Prozent der Häuser und Wohnungen im Gazastreifen beschädigt oder zerstört, 1,4 Millionen Flüchtlinge geschaffen und die humanitäre Hilfe eingestellt, was zu einer weit verbreiteten Hungersnot führte.

Dies führte weltweit zu Protesten, auch an der New Yorker Columbia-Universität. Dort löste die Polizei ein Protestcamp gewaltsam auf.

Bei dem Angriff auf das Camp feuerte ein Polizist in der Hamilton Hall auf dem Campus seine Waffe ab. Der Schuss des Polizisten wird ebenso untersucht wie zahlreiche andere Vorwürfe, darunter der, die Polizei habe einen Studenten eine Treppe hinuntergeworfen. Die New Yorker Polizei selbst hatte zuvor festgestellt, dass die Demonstranten in Columbia friedlich waren.

An der Columbia sind viele der pro-palästinensischen Demonstranten Juden. Nichtsdestotrotz hat die Biden-Regierung mit Hilfe eines Großteils der Medien versucht, Geschichten über Antisemitismus zu schüren, die sie im Allgemeinen nicht verifiziert oder dokumentiert.

An der University of California nahm die Polizei etwa 200 Personen fest, als sie ein Protestcamp auf dem Campus in Los Angeles räumten. Die Polizei nahm vergangene Woche an vielen Orten Studenten fest, darunter die Fordham University in New York, das Dartmouth College in New Hampshire und die Tulane University in New ­Orleans. An der Universität von Wisconsin-Madison wurden direkt nach dem Abriss des Protestcamps durch die Polizei neue Zelte errichtet.

An einigen Hochschulen, darunter die Northwestern University in Illinois, die University of Chicago und die Brown University in Rhode Island, entschieden sich die Verwaltungen für friedliche Gespräche mit den Demonstranten, anstatt die Polizei einzuschalten.

Die Gewerkschaften der Hochschulen scheinen sich auf die Seite der protestierenden Studenten zu stellen. An der Columbia-Universität verurteilte die „American Association of University Professors“ (AAUP) das Vorgehen von Minouche Shafik, der Präsidentin der Universität, die die Polizei eingeschaltet hatte. Die AAUP bezeichnete ihr Vorgehen und das Vorgehen der Polizei als „bewaffneten Terrorismus“.

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"Protest nicht zu stoppen", UZ vom 10. Mai 2024



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