Rechtsruck in NRW

Der Kreisvorstand der DKP in Dortmund hat eine sehr umfangreiche und gründliche Analyse des Wahlkampfs zur Landtagswahl NRW im Mai 2017 und den Überlegungen und Planungen für den anstehenden Bundestagswahlkampf erarbeitet. Die UZ fragte nach bei Ula Richter und Daniel Zimmermann, beide Mitglieder des Kreisvorstandes.

Frage: Wie bewertet ihr den Ausgang der Landtagswahl?

Ula: Wir sprechen in unserer Auswertung von einem Rechtsruck in NRW. Der spiegelt sich darin wieder, dass CDU und FDP einen starken Stimmenzuwachs zu verzeichnen hatten und auch die AfD mit 7,4 Prozent der Stimmen in den Landtag einziehen konnte. SPD und Grüne haben massiv Stimmen verloren, und die Partei „Die Linke“ hat den Einzug trotz Stimmenzuwachs knapp verpasst. Von der neuen schwarz-gelben Landesregierung erwarten wir weitgehende Verschlechterungen für die arbeitenden Menschen, das zeigt auch der vorgelegte Koalitionsvertrag.

Frage: Du hast es angesprochen, die Partei „Die Linke“ hat den Einzug knapp verpasst. Wäre es angesichts des Rechtsrucks nicht vielleicht richtiger gewesen, sie zu unterstützen anstatt eigenständig zu kandidieren?

Ula: Diese Frage hat nicht nur unter uns, sondern auch an den Infoständen eine Rolle gespielt. Uns wäre es auch lieber gewesen, wenn „Die Linke“ es geschafft hätte, zumal der Landesverband NRW zu den fortschrittlichsten innerhalb der Partei zählt. Sicherlich wäre ihre Stimme im Parlament ein Kontrapunkt zum rechts-liberalen Block gewesen, an der generellen Rechtsentwicklung hätte das aber nichts geändert. Wir meinen, unsere Kandidatur und die weitergehenden Forderungen einer kommunistischen Partei können der Linkspartei eher nutzen, als die Stimmen, die sie von uns erhalten hätte.

Daniel: Wir haben uns gefragt: braucht es heutzutage noch eine kommunistische Partei? Das haben wir klar bejaht, denn wenn sich die gesellschaftlichen Verhältnisse in diesem Land einmal grundlegend verändern sollen, dann wird es ohne eine starke KP nicht gehen. Diese bauen wir aber nicht auf, wenn wir uns nicht auch als eigenständige Partei präsentieren und wieder offensiver auftreten. Man muss sich vor Augen halten, dass wir an Infoständen mittlerweile nicht mehr gefragt werden: ach, euch gibt es noch? Wir werden gefragt: wer seid ihr denn? Das sagt doch schon alles.

Frage: Gut, aber ist das Wahlergebnis der DKP nicht eine herbe Enttäuschung?

Daniel: Natürlich sind weniger als 3 000 Stimmen kein Grund zum Jubeln, das muss man nicht schönreden. Aber es ist erst einmal der Stand der Dinge. Für Materialisten kann es doch nur darum gehen, auf dem Boden der objektiven Realitäten zu handeln und die kennen wir nun genauer. Wir haben mit dieser Wahl nicht nur einen Gradmesser für das Bewusstsein der Bevölkerung, sondern auch für die Wirkungskraft unserer Partei. Dieser Gradmesser zeigt uns m. E. an, dass wir dringend raus und unsere Positionen bekannter machen müssen.

Ula: Wir haben in Dortmund deutlich mehr Unterstützerunterschriften für den Wahlantritt gesammelt als wir hinterher Stimmen erhalten haben. Das hätten wir uns anders gewünscht. Es zeigt, dass wir in Bündnissen und Bewegungen – da haben wir die meisten Unterstützerunterschriften bekommen – durchaus für unsere Positionen und unsere Arbeit geschätzt werden, dass man uns aber nicht unbedingt für wählbar hält. Ich teile hier Daniels Einschätzung.

Frage: Im Wahlkampf wart ihr doch recht aktiv. Welche Erfahrungen habt ihr dabei denn gemacht?

Ula: Neben denen, die generell Infotische und politische Diskussionen ignorieren, das trifft ja nicht nur uns, haben uns durchaus positive Reaktionen und das Interesse an der Arbeit unserer Partei überrascht. Viele Alltagssorgen kamen über den Tisch. Und es hat denen, die sich daran beteiligt haben, Spaß gemacht, gemeinsam und öffentlich zu diskutieren, ein ganz wichtiger Faktor. Das heißt aber auch, dass der Anteil der Aktivist/innen sehr überschaubar war. Das müssen wir versuchen zu ändern.

Daniel: Der Wahlkampf war ein großer Lernprozess auf allen Ebenen und in allen Bereichen. In dieser Zeit mussten wir alles auf den Prüfstand stellen. Sind unsere Inhalte die richtigen? Wie wollen wir sie kommunizieren? Wozu sind wir organisatorisch in der Lage und wer kann welche Fähigkeiten einbringen? Klar, diese Fragen sollten wir uns immer stellen. Aber der Wahlkampf hatte die Besonderheit, dass die gesamte Partei in einem bestimmten Zeitraum zielgerichtet arbeiten muss. Diese Übung kollektiver Handlungsfähigkeit, die uns für unsere künftige Arbeit sehr zum Nutzen sein wird, hätten wir anderweitig nicht hinbekommen.

Frage: Jetzt steht die Bundestagswahl vor der Tür. Vor dem Hintergrund eurer kürzlichen Erfahrungen, wie geht ihr in diesen Wahlkampf?

Daniel: Die Erfahrungen der Landtagswahl werfen für uns vor allem die Frage auf: wie können wir als Partei unsere Handlungsfähigkeit erhalten, stärken oder, wo sie nicht gegeben ist, wiederaufbauen? Wir wollen die Arbeit an unseren derzeitigen Schwerpunkten Gesundheit, Wohnen, Frieden ausbauen und dabei inhaltlich stärker auf unsere grundsätzlichen Positionen fokussieren.

Ula: Ja, wir wollen verstärkt herausstellen, dass wir nicht einfach nur gute Argumente zu den drängenden Fragen unserer Zeit haben, sondern dass die Interessen der arbeitenden und der arbeitslosen Menschen letztlich im Kapitalismus nicht abzusichern sind. Wir müssen daran arbeiten, den ‚Kampf um das Teewasser‘ wieder stärker mit unserer sozialistischen Perspektive zu verknüpfen. Dass wir auch in der Öffentlichkeit klarer machen, wofür die DKP steht und was uns von anderen Parteien unterscheidet. Unsere Devise lautet: Weiter raus auf die Straße!

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"Rechtsruck in NRW", UZ vom 4. August 2017



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