Bundeshaushalt im Krisenmodus: Für die arbeitenden Menschen heißt es zahlen

Schutzschirm für Profite

Einkaufen fürs Essen, Tanken für den Arbeitsweg wird für viele zum Alptraum. Und auch Post von den Energieversorgern, die munter die Lieferverträge kündigen oder die Verdoppelung der Heizkosten ankündigen, sorgt für Probleme und Lücken in den Haushaltskassen. In den letzten sechs Jahren, von März 2016 bis Februar 2022, sind laut dem Statistischen Bundesamt die Verbraucherpreise bereits um 12,5 Prozent gestiegen. Im Windschatten des Krieges in der Ukraine hat diese Entwicklung dramatische Züge angenommen.

Heizen war im Februar über 40 Prozent teurer als im Vorjahr, Tanken kostet ein Viertel mehr. Innerhalb des letzten Monats erhöhten sich die Lebensmittelpreise um über 5 Prozent. Mit noch stärkeren Anstiegen ist zu rechnen. Die Inflationsrate für das vergangene Jahr betrug in Deutschland 3,1 Prozent. Die Einkommensentwicklung hinkte hinterher, die für diesen Zeitraum offiziell verkündeten Reallohnverluste betrugen 0,1 Prozent. Im Vorjahr betrug der durchschnittliche Reallohnrückgang bereits 1,1 Prozent.

Corona- und Klima-Krise der Gegenwart liefern den Hintergrund der Inflation, verstärkt durch den Krieg in der Ukraine. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben drastisch befördert haben.

Krisenprofiteure sind die Reichen und die Konzerne. Im vergangenem Jahr haben sich die Vermögen der zehn reichsten Personen in Deutschland von 144 Milliarden Dollar auf etwa 256 Milliarden erhöht. Die deutschen Discounter-Oligarchen mischen ganz oben mit. Platz eins verteidigten erfolgreich die Aldi-Süd-Erben Beate Heister und Karl Albrecht Junior mit 44,1 Milliarden US-Dollar, der Aldi-Nord-Erbe Theo Albrecht brachte es mit 21,6 Milliarden Dollar immerhin noch auf den sechsten Platz. Der große Konkurrent Lidl landet mit Dieter Schwarz auf Platz drei. Er verfügt über 31,2 Milliarden Dollar.

Newcomer auf Platz 7 und 8 sind die Zwillinge Thomas und Andreas Strüngmann mit jeweils etwa 20,2 Milliarden US-Dollar. Sie halten 50 Prozent an dem Pharmakonzern BioNTech und verdienen prächtig durch die Nichtfreigabe der Covid-Impfpatente. Wie schlecht es Couponschneidern der deutschen Automobilkonzerne geht, belegen anschaulich die BMW-Erben: Mit 19,2 Prozent der BMW-Anteile bringt es Susanne Klatten auf 29 Milliarden US-Dollar und damit auf Platz 4, ihr ärmerer Bruder Stefan Quandt hat zwar 23,7 Prozent der Anteile, sein Vermögen mit etwa 23,2 Milliarden US-Dollar reicht allerdings nur für den fünften Platz. Der Umsatz von BMW übertraf 2021 mit 111,2 Milliarden Euro den bisherigen Rekordumsatz aus dem Jahr 2019 um 7 Milliarden. Der deutsche Staat half kräftig mit, um in diesem „Krisenjahr“ den Konzerngewinn vor Steuern von 16,1 Milliarden Euro einzufahren: BMW konnte bis zu 30.000 Kolleginnen und Kollegen in die staatlich unterstützte Kurzarbeit schicken und profitierte gleichfalls von der Kaufprämie für Elektroautos in Höhe von mehreren tausend Euro. Porsche-Vorstandschef Oliver Blume konnte Ende März bei der Jahresbilanz 2021 mit einem Gewinn von 5,3 Milliarden Euro ebenfalls Rekordzahlen verkünden.

Auch die Zahlen der Energiekonzerne erfreuen die Bosse: Im Jahr 2021 erwirtschaftete der deutsche Energieversorger RWE ein Nettoergebnis in Höhe von rund 700 Millionen Euro. Der Essener Eon-Konzern profitierte auch von einer Rückerstattung im Rahmen des Atomausstiegs und sahnte einen Nettogewinn von 7,9 Milliarden Euro ab.

In der Debatte um den Bundeshaushalt 2022 machen die Ampelkoalitionäre deutlich, dass es ihnen nicht um eine dringend erforderliche Zeitenwende in der Sozialpolitik geht. Die Umverteilung wird forciert, das Entlastungspaket in Höhe von 17 Milliarden Euro erweist sich als kaum mehr als ein Placebo. Das angekündigte „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro ließ bereits den Aktienkurs des Rüstungskonzerns Rheinmetall durch die Decke schießen. Denn auch an Krieg und Hochrüstung lässt sich trefflich verdienen. Die „Stärkung des Verteidigungshaushalts“ sei laut Bundesfinanzminister Christian Lindner ohnehin bereits vor dem Krieg in der Ukraine eingeplant gewesen. Wer auch diese Rechnungen bezahlen soll, liegt auf der Hand.

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"Schutzschirm für Profite", UZ vom 1. April 2022



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