DKP-Ratsherr Michael Gerber fordert Rücknahme der Belastungen der Bürger

Spardiktat in Bottrop mit katastrophalen Auswirkungen

Im Bottroper Stadtrat kritisierte Michael Gerber für die DKP den Haushaltsentwurf der Stadt für die Jahre 2020/21. Wir dokumentieren im Folgenden seine Etatrede.

Mit dem heute zu beschließenden Doppelhaushalt 2020/2021 endet auch das zehnjährige Spardiktat mit der vorsätzlich irreführenden Bezeichnung „Stärkungspakt Stadtfinanzen“. Die DKP hatte bereits vor der Beschlussfassung des Spardiktats die insgesamt über 300 Maßnahmen scharf kritisiert. Wir haben vorhergesagt, dass am Ende des sogenannten „Stärkungspaktes“ die gesellschaftliche Spaltung sich in unserer Stadt weiter verschärft.

Betroffen von den Maßnahmen des Spardiktates waren und sind immer noch insbesondere die Menschen, die in Armut leben, Kinder und Jugendliche sowie Familien. Im Sozial-, Bildungs- und Jugendbereich gab es die größten Streichungen und Einsparungen. Der Stellenabbau bei der Stadtverwaltung betraf insbesondere den Arbeiterbereich. Also auch hier die Beschäftigten in den unteren Gehaltsgruppen. Dazu schweigen heute wieder einmal die Fraktionen von SPD, CDU, Grüne und ÖDP.

Ich kann hier nur einige wenige Beispiele anführen, die aufzeigen, wie katastrophal sich dieses Spardiktat auswirkt:

  • Die Streichung des Bottrop-Passes nimmt den Menschen, die mit Hartz IV leben müssen, die letzten Möglichkeiten zur Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben unserer Stadt.
  • Die Schließung der Lehrschwimmbecken an den Grundschulen hat dazu geführt, dass es für Grundschüler immer schwieriger wird, erste Erfahrungen im Wasser zu sammeln.
  • Der Rückzug aus der bedarfsgerechten Ausbildung bei der Stadt nimmt Jugendlichen die Chance auf einen Ausbildungsplatz. Gleichzeitig wird so die Personalknappheit in der Verwaltung verschärft.
  • Die Entgelte bei der Musikschule wurden erhöht und der Geschwisterrabatt wurde gestrichen. Dies hat zu einer deutlichen Reduzierung der Anmeldezahlen von Geschwisterkindern geführt.
  • Selbst vor Kürzungen für das Schoko-Ticket, der Halbierung der Mittel für die Schulverweigerer oder der Kürzung für Schulbudgets wurde nicht zurückgeschreckt.
  • Der städtische Saalbau soll für ein Rathaus II geopfert werden. Dem gesellschaftlichen Leben in unserer Stadt wird damit die zentrale Begegnungs- und Kulturstätte genommen.

Ursprünglich waren am Beginn des Spardiktats Streichungen, Einsparungen und Gebührenerhöhungen von insgesamt 98 Millionen Euro geplant. Tatsächlich werden es jedoch bis Ende 2021 insgesamt 139 Millionen Euro sein. Mit dem Spardiktat werden also den Bürgern 41 Millionen Euro mehr genommen, als ursprünglich vom Rat beschlossen wurde. So waren die Belastungen der beiden Erhöhungen der Grundsteuer B mit insgesamt 17,7 Millionen Euro überhaupt nicht nötig – oder die Streichung des Bottrop-Passes mit Einsparungen von 225 000 Euro.

Beim Metzger heißt es beim Abschneiden der Wurst: Darf es noch ein bisschen mehr sein? Hier ist das Gegenteil der Fall. Die Stadt ist keine Metzgerei. Es geht um eine soziale Stadt, darum, den Menschen nicht ihre Zukunft zu stehlen und ihnen nicht ihre Würde zu nehmen!

Das Spardiktat und seine Auswirkungen zeigen, wie unsozial diese Beschlüsse waren. Die Politik der Umverteilung der Mittel des Bundes und des Landes von unten nach oben hat in Bottrop ihre Fortsetzung durch den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ gefunden. Der Gedanke an Gerechtigkeit, Unterstützung für Menschen, die unsere Solidarität benötigen, die Schaffung von Bildungsgerechtigkeit für Kinder und Jugendlichen, dies alles wird durch das Spardiktat mit Füßen getreten.

In die Infrastruktur investieren

Nach zehn Jahren hinterlässt der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ eine tiefe unsoziale Spur in unserer Stadtgesellschaft. Die Befürworter des Spardiktats argumentieren, dass mit dem „Stärkungspakt“ die Stadt Konsolidierungshilfen des Landes NRW in Höhe von 75 Millionen Euro erhalten hat. Dies sind nach Auffassungen der DKP nichts anderes als bisher vorenthaltene Mittel des Landes für eine notwendige auskömmliche finanzielle Ausstattung der Stadt Bottrop. Entschieden lehnt die DKP ab, dass die Stadt künftig jährlich 10 Millionen Euro zum Abbau der Kassenkredite verwendet. In den letzten Jahren hat die Stadt bereits 45 Millionen Euro an die Banken zurückgezahlt. Das war unverantwortlich angesichts der sozialen Not in unserer Stadt. Die jetzigen 172 Millionen Euro müssen durch die Banken sowie ein Entschuldungsprogramm der Bundesregierung und des Landes NRW getilgt werden. Eine Beteiligung der Stadt an der Tilgung der Kassenkredite lehnt die DKP entschieden ab. Dies würde weitere Streichorgien für die Stadt bedeuten. Denn Geld ist genug da: Es liegt in den falschen Händen und wird für die falschen Dinge ausgegeben: Für das Militär, weltweite Kriegseinsätze und Geschenke an das Kapital.

Statt Abbau der Kassenkredite muss Bottrop in den nächsten Jahren die verheerende Wirkung des Spardiktates wieder beseitigen: Verstärkte Investitionen in die Infrastruktur der Stadt sowie die Vielfalt im sozialen und kulturellen Leben wiederherstellen. Die Belastungen der Bürger durch die Erhöhungen der Grundsteuer B endlich wieder zurücknehmen.

Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn jetzt durch Studien, auch des Kommunalverbands Ruhr, der Eindruck erzeugt wird, die finanzielle Situation der Kommunen im Ruhrgebiet habe sich verbessert. Kaputtsparen, um schwarze Zahlen auszuweisen, ist keine Lösung. Die Gesamtverschuldung der Stadt wird sich auch in Zukunft weiter erhöhen. Die Summe der Verbindlichkeiten der Stadt wird sich von 377 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 431 Millionen Euro im Jahr 2021 erhöhen. Von einer Verbesserung der Schuldensituation kann daher überhaupt nicht gesprochen werden!

Die Reinigung rekommunalisieren

Bis auf wenige Ausnahmen wird die Reinigung von städtischen Gebäuden durch externe Reinigungsfirmen durchgeführt. Das Sparen bei der städtischen Reinigung begann bereits 1983 mit der damals sogenannten „Intervallreinigung“. Die DKP hat das von Beginn an scharf kritisiert. Die Beschäftigten in den privaten Reinigungsfirmen müssen zu Niedriglöhnen und häufig unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten. Vielfach werden unbezahlte Überstunden geleistet, da die Arbeitsvorgaben sonst nicht zu leisten sind. Unter solchen Bedingungen bleibt die Sauberkeit in Schulen, KITAs und den Verwaltungsgebäuden auf der Strecke. Es ist unverantwortlich, dass mit städtischen Geldern die Inhaber privater Reinigungsfirmen auf Kosten der unterbezahlten Reinigungskräfte satte Gewinne machen.

Es hat vieler Jahre bedurft durch öffentlichen Druck und Initiativen des Personalrates, dass die Verwaltung jetzt ein Konzept vorlegen muss, wie die Reinigung künftig wieder rekommunalisiert werden kann. Was in den Städten Bochum, Herne, Köln, Wuppertal oder Witten möglich wurde, die Reinigung städtischer Gebäude wieder in städtische Hände zurückzugeben, muss auch in Bottrop endlich umgesetzt werden. Guter Lohn für gute Arbeit muss auch in Bottrop für die städtische Reinigung gelten.

Nach Auffassung der DKP sollte dies nur ein erster Schritt sein. Der Unsitte, dass immer mehr Pflichtaufgaben der Stadt durch Dienstverträge an kommerzielle und externe Dienstleister vergeben werden, muss Einhalt geboten werden. Städtische Aufgaben müssen auch künftig weiterhin von städtischen Beschäftigten durchgeführt werden. Dies muss unserer Meinung auch für Aufgaben gelten, die bisher von kirchlichen Institutionen wie der Diakonie oder der Caritas wahrgenommen wurden. Auch für diese Beschäftigten sollte selbstverständlich gelten: das Grundrecht auf Streik, ein gewerkschaftlicher Tarifvertrag und die einheitliche Vertretung durch einen starken Personalrat der Stadtverwaltung.

Völlig zu Recht wird in der Öffentlichkeit sehr stark kritisiert, dass es bei den Baumaßnahmen zur Renovierung des Rathauses, der Erweiterung des Museums Quadrat sowie des Kulturzentrums zu massiven Kostensteigerungen kommt. Allein diese drei Baumaßnahmen führen zu Mehrkosten von über 5 Millionen Euro. Die Sparwut, möglichst Personal einzusparen, zeigt hier ihre fatale Wirkung. Die Planung wird an externe Planungsbüros vergeben, statt diese Aufgaben selbst durch die städtischen Dienststellen zu bearbeiten. Bei der Auftragsvergabe durch externe Planungsbüros kann die Baubranche Extra­profite durch höhere Preise erzielen, da die Stadt aus dem Vertrag mit dem Planungsbüro nur mit großen Verlusten wieder herauskommt. Gleichzeitig fehlt bei der Stadt die Kapazität, die Planung und Baudurchführung fachgerecht zu begleiten und zu kontrollieren.

Exemplarische Beispiele sind der Rathausturm, der „vergessen“ wurde, oder beim Quadrat, wo eine tiefere Ausschachtung zur Vorbereitung des Baugrundes sowie eine größere Menge an Teichschlamm und deren Entsorgung bei Verlegung des Biotops notwendig war. Dies nenne ich schlicht Schlamperei! Die Kostenexplosion bei diesen Baumaßnahmen nur auf die Erhöhung der Baupreise zu schieben verdeckt nur die Ursachen in der eigenen Verwaltung: der Personalmangel in den Fachämtern – übrigens auch ein Ergebnis des Spardiktates – und der Fehler, Planungsbüros mit der Abwicklung von Baumaßnahmen zu beauftragen.

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Baus der Sekundarschule oder die Erweiterung der OGS an der Astrid-Lindgren-Grundschule. Bei diesen Baumaßnahmen – von der Stadt geplant und unter städtischer Regie realisiert – wurde der Kostenrahmen eingehalten. Und das bei einer Bausumme in der Größenordnung der Erweiterung des Quadrats. Die Konsequenz muss sein: Mehr Fachpersonal einstellen und grundsätzlich keine Fremdvergaben mehr an Planungsbüros, die sich ihre Fehlplanungen auch noch teuer bezahlen lassen. Anders ausgedrückt: Wenn Sie zu Hause eine Glühbirne tauschen, würden Sie dann für die Reparatur einen Elektriker kommen lassen? Das Motto der Stadtverwaltung muss lauten: Wir können es selber besser.

Preiswerten Wohnraum schaffen

Die Schaffung von preiswertem Wohnraum in Bottrop ist die wichtigste soziale Aufgabe der nächsten zehn Jahre. Die DKP hat deshalb vorgeschlagen, 10 Millionen Euro für ein kommunales Wohnungsbauprogramm für die nächsten drei Jahre zu beschließen. Die städtische GBB ist mit der Aufgabe, preiswerten Wohnraum zu schaffen, allein überfordert. Dabei gilt es, dauerhaft bezahlbare Wohnungen zu bauen. Vonovia und VIVAWEST nutzen den sozialen Wohnungsbau schamlos aus, indem nach der Bindungsfrist von 20 Jahren drastische Mieterhöhungen durchgesetzt werden. Diese Spirale der Mieterhöhungen muss unterbrochen werden. Kommunaler Wohnungsbesitz hat nicht das Ziel einer maximalen Gewinnsteigerung wie bei den großen Wohnungskonzernen. Preiswertes Wohnen ist ein Menschenrecht. Städtischer Boden darf nach Auffassung der DKP künftig nur für die Errichtung preiswerten Wohnraums vergeben werden. Der teure Baugrund ist eine Ursache für die hohen Mietkosten im Wohnungsneubau. Die Stadt hat mit dem Erbbaurecht die Möglichkeit, auch bei Neubauten preiswerten Wohnraum zu ermöglichen. Bisher fordert nur die DKP seit Jahrzehnten die Vergabe städtischer Grundstücke nach Erbbaurecht. Hier ist ein Umdenken der anderen Ratsparteien dringend notwendig. Schauen Sie nach München. Dort werden städtische Grundstücke schon länger nur noch nach Erbbaurecht vergeben.

Der Beschluss des Rates im Juli, den Klimanotstand auszurufen, muss endlich auch zu Konsequenzen in der Kommunalpolitik führen. Es muss Schluss sein mit dem Ziel, möglichst viele innerstädtische Grünflächen zu bebauen. Gestern sind dem Baudezernenten, Herrn Müller, 560 Einsprüche gegen die Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung eines Bebauungsplanes im Landschaftsschutzgebiet der Tourcoingstraße übergeben worden. In dem Einspruch heißt es: „Die Landschaftsschutzfläche ist Bestandteil des regionalen Grünzugs und eine wichtige Frischluftschneise für den Stadtteil Eigen. Gegen den Anstieg der Temperaturen im Sommer erfüllt sie eine bedeutende Klimafunktion. Die Randbebauung widerspricht dem Landschaftsplan und gefährdet in Zukunft die Versorgung der Bevölkerung mit kühler Luft.“ Auch gegen die Aufstellung eines Bebauungsplanes Johannesstraße haben 186 Anwohner Einspruch eingelegt. Dort sollen Mietergärten im Bottroper Süden bebaut und preiswerter Wohnraum abgerissen werden. Gegen die Bebauung der Grünfläche Beckheide gibt es seit Jahrzehnten Widerstand der Anwohner. Dort hatte die Bürgerinitiative im Juni 2017 ca. 1 000 Unterschriften gegen die Bebauung an die Stadt übergeben. Massive Proteste gibt es bekanntlich auch bei der geplanten Bebauung der Grünfläche Am Freitagshof. Trotzdem hält die Stadt in allen Fällen an ihren Planungen fest, wie der aktuelle Wohnungsbauflächen-Bericht 2019 zeigt.

Auch das Kraneburger Feld muss nach unserer Meinung als großes Naturschutzgebiet erhalten bleiben und darf nicht mit einem Gewerbegebiet bebaut werden. Nach dem Rückzug von IKEA hat die Chance bestanden, die Planungen eines Gewerbegebietes endgültig aufzugeben. Kennen Sie eigentlich dieses Kraneburger Feld? Selbst zu dieser Jahreszeit ist es noch ein schönes Gebiet, wo sich ein Spaziergang lohnt. Gehen Sie vielleicht mal freitags dort hin – sie wissen ja „Fridays for Future“. Vielleicht wird Ihnen dann auch bewusst, welcher Irrsinn es ist, die B 224 zu einer Transit-Autobahn auszubauen.

Damit Bottrop wieder eine lebenswerte Stadt wird, müssen wir in die Zukunft investieren. Kostenfreie KITAs und die Gebühren für die OGS an den Grundschulen abschaffen. Die Schullandschaft unserer Stadt ist so auszubauen, dass langes gemeinsames Lernen ermöglicht wird anstatt eines fünfgliedrigen Schulsystems. Sichere Fahrradwege schaffen und nicht nur eine Fahrradspur auf den engen Straßen ausweisen. Das Stenkhoffbad endlich zu einem modernen Familienbad ausbauen. Kostenfreien ÖPNV anstatt nur Symbolpolitik mit freier Fahrt zu verkaufsoffenen Sonntagen. Wiedereinführung eines Bottrop-Passes, der diesen Namen auch verdient, um allen Menschen die Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben unserer Stadt zu ermöglichen.

Die DKP wird dem Haushalt der Stadt aufgrund unserer grundsätzlichen Kritik nicht zustimmen.

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"Spardiktat in Bottrop mit katastrophalen Auswirkungen", UZ vom 13. Dezember 2019



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