Das AfD-nahe EIKE unterstützt Gegner von Windkraft und Energiewende

Speerspitze der Klimaleugner

Der Ausbau der Windenergie im ganzen Lande stockt (UZ vom 6. 1. 2020). Nur 276 neue Windkraftanlagen wurden 2019 in Deutschland in Betrieb genommen, gleichzeitig wurden 69 Anlagen stillgelegt. Bislang hat das Bundeswirtschaftsministerium seinen Plan nicht umgesetzt, unter anderem mehr Rechtssicherheit bei der Regionalplanung zu schaffen und Genehmigungen zu beschleunigen. Aber auch die Klagen gegen den Auf- und den Ausbau von Windkraftanlagen haben weiter zugenommen. Wie „Zeit-Online“ bereits im August 2019 berichtete, gab es zu diesem Zeitpunkt Klagen gegen mehr als 300 Windräder mit insgesamt rund 1.000 Megawatt Kapazität.

Zu den Klagefreudigsten gehören unter anderem die im Dachverband „Vernunftkraft“ vertretenen über 1.000 Bürgerinitiativen. In der „Monitor“-Sendung vom 30.8.2019 hieß es: „Wenn sich irgendwo Bürgerinitiativen bilden, bekommen sie hier eine Art ‚Erste-Hilfe-Paket‘. Flyer, Plakate und Argumente gegen Windkraft und Energiewende zum Download.“ Man setzt auch auf scheinbare Seriosität. Auf die Frage „Wie steht Ihr denn zum Klimawandel“ wird auf der Webseite des Dachverbandes aber lediglich geantwortet, „Vernunftkraft“ sehe weder „eigene Kompetenz noch sachliche Notwendigkeit, sich fundiert zu äußern. Im Gegenteil, eine Festlegung zugunsten der einen oder anderen Seite des Meinungsspektrums wäre unklug. Wir sind in dieser Frage überzeugte Agnostiker.“ Man äußert sich also zwar zur Energiewende, wendet sich insbesondere gegen den Ausbau der Windkraft, hat aber keine eigene Position in dieser Frage? Wer Etikettenschwindel vermutet, liegt richtig. Nicht wenige Leugner des menschengemachten Klimawandels – auch aus der AfD – haben sich hier versammelt.

Für „Vernunftkraft“ wird unter anderem auch auf der Webseite des sogenannten „Europäischen Instituts für Klima&Energie (EIKE)“ geworben. EIKE (Sitz Erfurt) liefert aber auch „Argumente“ für diese Windkraftgegner. Dabei handelt es sich keineswegs um ein Institut, Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften gibt es nicht. EIKE gilt schon seit Gründung im Jahr 2007 als die Speerspitze der Lobby im Land, die den menschengemachten Klimawandel leugnet.

Und vor allem die AfD nutzt EIKE. Der Vizepräsident des Vereins, Michael Limburg, sitzt im Bundesfachausschuss Energie der AfD und hat am Parteiprogramm mitgeschrieben. Vertreten sind dort auch Horst-Joachim Lüdecke, EIKE-Pressesprecher, sowie Autoren von EIKE. Limburg arbeitet zudem beim AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hille, klimapolitischer Sprecher der Fraktion, der im Bundestag als Hauptvertreter der Klimaleugner glänzt. Verbindungen gibt es offenbar aber auch zur Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP und zur CDU. Vorsitzender von EIKE ist Holger Thuß, ein Jenaer Lokalpolitiker der CDU und Verleger.

EIKE ist nicht nur mit Klimaleugnern im Lande gut vernetzt, sondern auch international. So unter anderen mit dem US-amerikanischen „Committee for a Constructive Tomorrow“. Dieses wird unter anderen von Chrysler, ExxonMobil und dem Energiekonzern Chevron Corporation finanziert. EIKE hat zu dem Beziehungen zum Heartland Institute, das unter anderem von ExxonMobil, dem Chemie-Konsortium Koch Industries, der Reynolds Tobacco Company, Volkswagen und Microsoft Geld erhält. Und so kommt es, wie der „Tagesspiegel“ am 26. Februar 2919 völlig richtig schrieb, dass Argumente der Ölindustrie schließlich bei der AfD landen. Man muss hinzufügen: Über EIKE auch bei „Vernunftkraft“ und Co.

Über die Autorin

Nina Hager (Jahrgang 1950), Prof. Dr., ist Wissenschaftsphilosophin und Journalistin

Hager studierte von 1969 bis 1973 Physik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Abschluss als Diplom-Physikerin wechselte sie in das Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR und arbeite bis zur Schließung des Institutes Ende 1991 im Bereich philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung. Sie promovierte 1976 und verteidigte ihre Habilitationsschrift im Jahr 1987. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt. Von 1996 bis 2006 arbeitete sie in der Erwachsenenbildung, von 2006 bis 2016 im Parteivorstand der DKP sowie für die UZ, deren Chefredakteurin Hager von 2012 bis 2016 war.

Nina Hager trat 1968 in die SED, 1992 in die DKP ein, war seit 1996 Mitglied des Parteivorstandes und von 2000 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende der DKP.

Hager ist Mitherausgeberin, Redaktionsmitglied und Autorin der Marxistischen Blätter, Mitglied der Marx-Engels-Stiftung und Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.

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"Speerspitze der Klimaleugner", UZ vom 17. Januar 2020



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