Manfred Sohn zur nächsten SPD-Karriere

Sprungbrett ins große Geld

Sigmar Gabriel hat es vorgemacht: Er ist auf dem Weg in den Aufsichtsrat der größten deutschen Privatbank und wird von dort aus Politiker mit Charme und Druck beeinflussen, um die gesetzlichen Bedingungen für das große Kapital möglichst günstig zu gestalten. Das Sprungbrett für dieses hoch dotierte Amt war nicht seine Ausbildung zum Gymnasiallehrer für Deutsch, Politik und Soziologie, sondern seine bei der „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken“ begonnene SPD-Karriere, die ihn über den SPD-Vorsitz bis in das Amt des Bundesaußenministers trug.

Vorgemacht hatte es sein Mentor Gerhard Schröder, der es sogar bis zum Kanzler gebracht hatte. Wie Gabriel hat er zwar in den öffentlichen Ämtern gut verdient – aber so richtig abgesahnt hat er erst danach als Energiekonzernbegleiter. Gabriel wird nun, als gerade 60-Jähriger, auch auf einen deutlich besseren Stundensatz kommen als in seiner gesamten Karriere als Politiker im bürgerlichen Parlamentarismus.

Die SPDler, die öffentliche Ämter als Sprungbrett ins große Geld nutzen, werden allerdings – verständlich bei der Geschwindigkeit des Kräfteschwundes ihrer Partei – immer jünger, wie die Berufung von Jörg Asmussen (Jahrgang 1966) in die Geschäftsführung des „Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.“ (GDV) zum 1. April und zum geschäftsführenden Präsidiumsmitglied des GDV zum 1. Oktober 2020 zeigt. Asmussen wurde von SPD-Finanzminister Hans Eichel gefördert und trieb in der CDU/CSU/SPD-Koalition von 2005 bis 2009 die Deregulierung im Finanzsektor voran. Er ist damit einer der Väter der kreativen Finanzprodukte, die den großen Krisenschub von 2008 auslösten. Die Genialität dieses Brandstifters lag darin, sich im Feuerschein der Krise zum Ortsbrandmeister ernennen zu lassen: Zum 1. Juli 2008 wurde er Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und ab 2012 Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Nach weiteren Wechseln war er bis Ende 2015 unter Andrea Nahles und Angela Merkel für Fragen der Alterssicherung zuständig. Das bleibt er auch jetzt und wird vermutlich viel dazu beitragen, dass nach der Riester- und Rürup-Rente demnächst ein weiterer Schub der Zerstörung der umlagefinanzierten Alterssicherung zugunsten einer kapitalmarktorientierten erfolgen wird.

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"Sprungbrett ins große Geld", UZ vom 7. Februar 2020



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