Ukraine: Kommunisten nutzen Spielräume vor Gericht und bei Wahlen – groß sind diese nicht

Trotz Verbot

Von Renate Koppe

Kraft gegen Verarmung und Krieg

Gegen das KPU-Verbot und das Vorgehen des Kiewer Regimes gegen jede Opposition gibt es weltweiten Protest. Die DKP stellte im Januar fest:

„Dieses Verbot ist eine weitere Maßnahme des ukrainischen Regimes, jegliche Opposition gegen ihren … Kurs … auszuschalten. (Dieser Kurs) hat bereits zu einer extremen Verarmung der Bevölkerung der Ukraine, zu Demokratieabbau, Terror durch faschistische Organisationen und zu tausenden politischen Gefangenen und tausenden Kriegsopfern und der Zerstörung ganzer Städte und Dörfer geführt. Die KPU und die Kommunisten in der Ukraine stehen gegen diese Politik, deshalb werden kommunistische Organisationen verboten, ihre Mitglieder verfolgt … Die DKP ruft ihre Mitglieder und alle antifaschistischen Kräfte in der BRD auf, aktiv gegen jede weitere politische, diplomatische und ökonomische Unterstützung des derzeitigen Kiewer Regimes durch die Bundesregierung einzutreten.“

Der vollständige Text unter

news.dkp.de

Die Kommunistische Partei der Ukraine (KPU) geht weiter juristisch gegen ihr Verbot vor. Gegen den Verbotsbeschluss hatte die Partei Einspruch eingelegt, über diesen Einspruch fand in der vergangenen Woche, am 28. Januar, eine erste Gerichtsverhandlung statt. Das Oberste Verwaltungsgericht setzte den Prozess bereits am selben Tag bis zum 11. Februar aus. Grund dafür ist der Rücktritt eines der Richter. Nähere Informationen liegen noch nicht vor, die KPU hatte jedoch angekündigt, sich gegebenenfalls an den Europäischen Gerichtshof zu wenden.

Selbst die Frage, ob überhaupt vor einem Gericht über den Einspruch verhandelt werden sollte, war Gegenstand von Auseinandersetzungen: Am 25. Januar verbreitete das Justizministerium der Ukraine die Information, dass das Oberste Verwaltungsgericht das Verbotsurteil gegen die KPU abschließend bestätigt habe und den Einspruch als unbegründet zurückweist. In einer öffentlichen Erklärung stellte der KPU-Vorsitzende Petro Simonenko fest, dass es sich dabei um eine bewusste Falschmeldung handele. Tatsächlich hatte das Gericht an diesem Tag eine Beschwerde der Partei in anderer Sache zurückgewiesen, es ging um die Frage, ob die „Kommission zur Dekommunisierung“ beim Justizministerium rechtmäßig ist oder nicht.

Am 16. Dezember 2015 hatte ein Verwaltungsgerichtshof in Kiew die KPU verboten – ohne dass es überhaupt eine mündliche Verhandlung angesetzt hatte. Es gab damit dem Verbotsantrag des Justizministeriums der Ukraine statt, der seit dem Sommer 2014 vorliegt. Ein gerichtliches Verbot ist in dieser Zeit mehrfach gescheitert, Richter erklärten sich selbst für befangen, worauf ihre Büros vom Sicherheitsdienst der Ukraine durchsucht wurden. Die konstruierten Vorwürfe waren selbst vor einem ukrainischen Gericht nicht haltbar. Dennoch durfte die KPU, deren Fraktion im Parlament der Ukraine, der Obersten Rada, bereits im Juli 2014 aufgelöst wurde, nicht zu Wahlen antreten und ihre Aktivitäten wurden in jeder Hinsicht kriminalisiert.

Die juristische Grundlage für das Parteiverbot ist das „Gesetz über die Verurteilung der kommunistischen und nazistischen totalitären Regime in der Ukraine und das Verbot der Propagierung ihrer Symbolik“, das die Oberste Rada im April 2015 verabschiedet hatte. Dieses Gesetz, mit dessen Hilfe Kommunisten verfolgt werden, verhinderte in keiner Weise, dass der Kriegsverbrecher und Nazikollaborateur Stepan Bandera und weitere Mitglieder seiner Organisation von der Obersten Rada zu „Helden der Ukraine“ erklärt wurden und faschistische Organisationen wie „Swoboda“ und der „Rechte Sektor“ ungehindert ihren Aktivitäten nachgehen können.

Auf Initiative KPU, die seit dem von Faschisten unterstützten Putsch in der Ukraine im Februar 2014 ständigen Angriffen ausgesetzt ist, wurde im Juni 2015 die „Linke Opposition“ gegründet, die sich selbst als linkszentristisch bezeichnet und bei deren Gründung fünf Parteien und dreizehn weitere Organisationen beteiligt waren. Bei den Kommunalwahlen im November beteiligte sich ein ähnlich ausgerichtetes Bündnis unter der Bezeichnung „Nowaja Dershawa“ (Neuer Staat). Das Bündnis erhielt – trotz Wahlfälschungen, Druck und gewaltsamen Übergriffen – insgesamt 104 000 Stimmen vor allem im Süden und Osten der Ukraine, das sind 1,3 Prozent der Stimmen für Listen politischer Parteien. Sie ist damit mit 179 Abgeordneten auf verschiedenen kommunalen Ebenen vertreten.

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"Trotz Verbot", UZ vom 5. Februar 2016



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