Fast alle Gekündigten von XXXL Rück in Oberhausen nehmen Abfindungen an

Urteil des Arbeitsgerichts hebelt Betriebsrat aus

Von Petra Stanius

Gegen Gewerkschaftsbekämpfung und Betriebsrats-Mobbing

Der Fall XXXL ist spektakulär, aber kein Einzelfall. Die systematische Bekämpfung von Betriebsräten und gewerkschaftlicher Organisierung, befördert durch ein Netzwerk aus Denkfabriken, Anwaltskanzleien, Unternehmensberatungen und Detekteien, breitet sich auch hier zunehmend aus.

So haben sich verschiedene Initiativen gegründet, die gemeinsam mit den Gewerkschaften dieses Problem angehen wollen. Zu diesen Vereinigungen zählen auch Work-Watch aus Köln (www.work-watch.de) und der Aktionskreis gegen Unternehmerwillkür aus dem westlichen Ruhrgebiet (www.akuwill.de), die gemeinsam zu dem Flashmob bei XXXL Rück aufgerufen hatten. Auf ihren Websites finden sich Links zu weiteren Initiativen.

Ende 2015 wollte der Betriebsrat von XXXL Rück durch eine Neuwahl sein Mandat absichern, da im Sommer zwei XXXL-Dienstleistungsgesellschaften gegen andere ausgetauscht worden waren. Die mit dem Eilverfahren befasste Kammer des Arbeitsgerichts Oberhausen stellte jedoch, wie nach ihr auch verschiedene Kammern des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, einen Betriebsübergang fest. Es beschied dem Betriebsrat, dass er bis 2018 im Amt sei. Daraufhin klagte der Betriebsrat auf Herausgabe seines Büros, um seine Arbeit fortsetzen zu können.

Mit diesem Hauptverfahren war eine andere Kammer des Arbeitsgerichts Oberhausen befasst. Die kam jetzt zum gegenteiligen Ergebnis: Bei der Übertragung des Betriebes des Verkaufshauses auf andere XXXL-Dienstleistungsgesellschaften soll nun doch kein Betriebsübergang stattgefunden haben. So sei das Mandat des Betriebsrates erloschen. Laut diesem Urteil gibt es seit August 2015 keinen Betriebsrat bei XXXL Rück mehr.

Hätten die KollegInnen wie geplant Ende 2015 ihren Betriebsrat neu gewählt, hätte sich eine ganz andere Situation ergeben: Der Betriebsrat hätte ihre Interessen verteidigen können. Kündigungen ohne Anhörung des Betriebsrats wären unwirksam gewesen. Dies lässt sich nun nicht mehr korrigieren.

Offenbar hat dieses Urteil den gekündigten Altbeschäftigten von Rück den Boden unter den Füßen weggezogen. Maßgeblich war zudem, dass sie trotz der gewonnenen Kündigungsschutzklagen aufgrund der langen Verfahrensdauer absehbar in eine wirtschaftliche Notlage geraten wären. XXXL dagegen kann es sich ohne Weiteres leisten, bis zur letzten Instanz zu klagen.

So haben fast alle Betriebsräte und die übrigen Gekündigten – auch die, die bereits in der zweiten Instanz gewonnen haben – nun die angebotene Abfindung angenommen und sich zum Stillschweigen verpflichtet.

Die zynische Stellungnahme der Unternehmensleitung dazu: „XXXL hat 120 Rück-Jobs in Oberhausen gerettet.“ Solche Vorgänge zeigen, wie nötig es ist, Geschäftsmodelle wie das dieses de facto-Konzerns zu bekämpfen und Unternehmensstrategien á la XXXL die Grundlagen zu entziehen.

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"Urteil des Arbeitsgerichts hebelt Betriebsrat aus", UZ vom 23. Dezember 2016



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