Westliche Raketen auf Russland – Putins Antworten sorgen für Unruhe

Warnung an Kriegstreiber

Kiew und der Westen eskalieren den Ukraine-Krieg weiter, während sich die militärische Lage am Boden für Kiews Truppen stetig verschlechtert.

In der Nacht zum 19. November, zwei Tag nach Bekanntwerden der Freigabe weitreichender US-Raketen für russische Ziele, griff Kiew zum ersten Mal mit US-Raketen vom Typ ATACMS ein Munitionslager im russischen Gebiet Brjansk an, etwa 150 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Unmittelbar darauf folgte Britannien. Laut Medienberichten wurden britische Marschflugkörper vom Typ „Storm Shadow“ gegen Ziele im Gebiet Kursk eingesetzt. Am vergangenen Sonntag verkündete Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot, auch die baugleichen französischen Geschosse vom Typ „Scalp“ dürften „in der Logik der Selbstverteidigung“ nun auf Russland abgefeuert werden. In der Nacht zum 25. November griff Kiew mit ATACMS-Raketen den Militärflughafen Kursk-Wostotschny an.

Zudem erlaubte US-Präsident Joseph Biden Kiew am 20. November, Landminen gegen die im Donbass vorrückenden russischen Truppen zu verwenden. Diese Waffen sind seit 1999 durch die sogenannte Ottawa-Konvention geächtet, die von 164 Staaten (darunter die Ukraine) ratifiziert wurde. 36 Staaten haben sie nicht unterzeichnet, darunter die USA, Russland und China. Am selben Tag erklärte US-Konteradmiral Thomas Buchanan, der Sprecher des für Atomwaffen zuständigen Strategischen Kommandos der US-Armee, auf einer Veranstaltung in Washington, ein Atomkrieg sei für die USA unter bestimmten Bedingungen „akzeptabel“. Es müsse gewährleistet sein, dass die USA dabei ihre „Weltführerschaft“ erhalten könnten.

Am 21. November folgte auf all das eine russische Antwort, auf die der Westen teils mit Wut, teils mit Arroganz reagierte. Auf dem Gelände des Raketenbauers Piwdenmasch im ukrainischen Dnepropetrowsk schlug am frühen Morgen ein Geschoss mit mehreren Sprengköpfen ein, das zunächst in Kiew als Interkontinental-, später als Mittelstreckenrakete bezeichnet wurde. Am Abend wandte sich Russlands Präsident Wladimir Putin im Fernsehen dazu an die Bevölkerung. Er legte dar, für den Angriff sei die „experimentelle“ neue Mittelstreckenrakete „Oreschnik“ (Haselnusstrauch) eingesetzt worden, die mit zehn- bis zwölffacher Schallgeschwindigkeit fliege, Mehrfachsprengköpfe trage und nuklear bestückt werden könne. Das sei eine Antwort auf die Angriffe mit Raketen der USA und Britanniens, die nur mit Hilfe von Experten der Herstellerländer hätten stattfinden können. Die „Oreschnik“-Entwicklung sei auch eine Antwort auf US-Pläne, neue Mittelstreckenraketen in Europa und im asiatischen Pazifik zu stationieren. Er erinnerte daran, dass die USA den INF-Vertrag über deren Verbot 2019 (also unter US-Präsident Donald Trump) unter einem „weit hergeholten Vorwand“ gekündigt hatten. Russland bleibe dabei, von sich aus solche Waffen nicht zu stationieren, solange der Westen das ebenfalls unterlasse. Aber niemand solle einen „Fehler machen“, es werde immer eine Antwort geben.

Putin erklärte, Russland behalte sich weitere Schläge mit der Rakete in Abhängigkeit von künftigen weiteren Bedrohungen seines Staatsgebiets vor. Das schließe auch Angriffe gegen Ziele in jenen Ländern ein, die es zuließen, dass ihre Waffen zu Angriffen auf Russland verwendet würden. Eine Abwehrmöglichkeit gegen die Hyperschallrakete gebe es nicht, Russland ziehe es aber weiterhin vor, alle Streitfragen mit friedlichen Mitteln beizulegen.

Die Antwort des Westens: Weiter so mit Angriffen. In Deutschland verlangten weltkriegssüchtige Politiker die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an Kiew. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnte erneut ab.

Die russische Antwort verursachte allerdings doch Unruhe unter den Kriegstreibern: Am Dienstag kamen Vertreter der 32 NATO-Staaten und der Ukraine in Brüssel zu einer außerplanmäßigen Sitzung des NATO-Ukraine-Rats zusammen, die G7-Außenminister eilten zu einem Treffen in Italien.

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"Warnung an Kriegstreiber", UZ vom 29. November 2024



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