Erfolgreiche Kundgebung des Berliner Bündnisses „Heizung, Brot und Frieden“ trotz Minusgraden

„Watt’n dit hier?“

Tim Meier

Die Lichtenberger staunten nicht schlecht über die Versammlung am letzten Adventssamstag. Gegenüber dem Haupteingang des Tierparks baute das Berliner Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ seine Pavillons auf, dampfte der Kaffee und kämpferische Musik lief über die Boxen.

Das Bündnis veranstaltete im Ostberliner Ortsteil seine erste Kundgebung „im Kiez, bei den Menschen“. Nach den Demonstrationen im September und Oktober sowie der Diskussionsveranstaltung im November (siehe UZ vom 17. November) beschloss man, den „Heißen Herbst“ in die Bezirke zu tragen statt nur eine Großdemonstration zu machen. Die „Aufstehen“-Ortsgruppe Lichtenberg schlug das „Tierpark-Center“ vor und so versammelten sich trotz Minusgraden und etlichen Krankheitsfällen knapp 150 Menschen vor der Passage.

Harri Grünberg, im Bundesvorstand von „Aufstehen“, heizte als Moderator die Stimmung an. Der Autor Markus Staiger nahm diese Temperatur gleich mit und betonte, das Bündnis werde sich nicht spalten lassen – weder von organisierten Rechten noch von angeblichen Linken, die die Arbeit der Regierung machten. Beide Gruppen tauchten tatsächlich nur in Form von Einzelpersonen am Rande der Kundgebung auf und wurden abgedrängt. Staiger verwies darauf, dass die Gesellschaft von oben durch angebliche „Solidarität, Kooperation und Menschenrechte“ gespalten wird, die am Ende nur Verarmung im Land, umweltschädliche Deals mit Katar und den USA sowie die nächsten NATO-Bomben außerhalb Europas bedeuten.

Das Berliner Abgeordnetenhausmitglied Alexander King (Partei „Die Linke“) griff die grüne Außenministerin Baerbock für ihre Scheinheiligkeit an, barfuß Mahatma Gandhi zu ehren, aber den Friedensappell des indischen Ministerpräsidenten mit Füßen zu treten. Die Verunglimpfung der Anti-Regierungs-Proteste durch die sozialdemokratische Innenministerin Faeser als „rechts“, „putinistisch“ und „verschwörungsideologisch“ spreche ebenfalls eher von ihrem schiefen Demokratieverständnis, so King. Die Vorsitzende der Chile-Freundschaftsgesellschaft, Nancy Larenas, griff die angeblichen „Entlastungspakete“ der Regierung an, die weder Inflation noch Energiearmut aufhielten.

„Aufstehen“ Lichtenberg durfte natürlich nicht fehlen und warnte vor der Kriegsgefahr durch den Kurs der Bundesregierung. Firat von der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) brachte es in seiner Rede gut auf den Punkt: „Politik wird im Kanzleramt schließlich nicht für den Menschen, sondern für die Wirtschaft gemacht!“ Einen bewundernswerten Kulturbeitrag lieferte das DIDF-Mitglied Gizem: An der Gitarre sang sie auf ermutigende wie auch berührende Weise Arbeiterlieder, die nicht wenige Passanten lauschen ließen.

Ohne Wermutstropfen ging es allerdings nicht: Krankheitsbedingte Ausfälle machten leider vor dem Programm am Samstag nicht halt. So musste die Bürgermeisterin von Königs Wusterhausen, Michaela Wiezorek, absagen. Im Oktober hatte sie im Auftrag der dortigen Stadtverordnetenversammlung einen Offenen Brief an Olaf Scholz und sein Kabinett geschickt (siehe UZ vom 2. Dezember). In ihm wird sich über die Politik der Bundesregierung beklagt, die mittels Sanktionen, aggressiver Außenpolitik und Aufrüstung die Krise im Land verschärfe. Immerhin kamen Freunde und Genossen aus Brandenburg zur Lichtenberger Veranstaltung. Leider musste sich ebenfalls der DKP-Parteivorsitzende Patrik Köbele krankheitsbedingt abmelden, genauso der Liedermacher Tobias Thiele.

Das Bündnis betrachtet die erste Auftaktkundgebung im Kiez dennoch als Erfolg. Im kommenden Jahr soll es in Spandau weitergehen, um zu zeigen, dass man der Regierung weiterhin einheizen wird.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"„Watt’n dit hier?“", UZ vom 23. Dezember 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit