Wie die Bonner Parteigruppe die Debatte um den Leitantrag organisiert

Von Hans-Peter Brenner, DKP Bonn/Rhein-Sieg

Unsere Parteigruppe ist eine „stinknormale“ Gruppe mit den für die Gesamtpartei ähnlichen Schwierigkeiten und ohne Besonderheiten in Bezug auf Größe, Aktivitätsgrad, Überalterung und Verankerung vor Ort.

Die erstaunlich hohe Bereitschaft der gesamten Gruppe, sich in die Diskussion einzubringen, zeigt, dass es nicht nur daran liegt, dass zwei Gruppenmitglieder im Parteivorstand sind.

Vermutlich trägt am gestiegenen Interesse, die Diskussion langfristig zu planen, ein anderer Faktor bei. Die Bonner DKP ist derzeit für ihre bescheidenen Verhältnisse auf einem aufsteigenden Ast. Es gelang uns an den beiden Wahlkampagnen zum Bundestag und zum EU-Parlament sowie in der Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ (mit eigener öffentlicher Veranstaltung), aber auch in der Solidaritätsbewegung gegen den geplanten Putsch in Venezuela, mit einer Veranstaltung zur Lage im Donbass sowie bei der großen Öko-Aktion am 21. September unsere öffentliche Präsenz vor Ort erkennbar zu erhöhen.

Erstmals seit vielen Jahren nahmen wir in diesem Jahr drei neue Mitglieder auf!

Auch der Fakt, dass wieder ein Sympathisantenumfeld vorhanden ist, wie es sich an unserem jährlichen Sommerfest zeigte, das zugleich das Geburtstagsfest unseres ältesten Genossen war, wird bei uns als Bestätigung für unsere Arbeit gewertet. Es ist lange her, dass wir bei diesem Fest so viele Nichtmitglieder begrüßen konnten und dabei auch mit einigen jüngeren Freundinnen und Freunden vielversprechende Debatten hatten. Wir rechnen noch mit weiterem Mitgliederzuwachs. Wir haben also, aufgemuntert durch diesen für uns bedeutenden Schub, insgesamt im Aktivistenkreis der Gruppe mehr „Power“ und Interesse, uns mit dem Parteitag und seinem Hauptantrag zu befassen.

Es gab zunächst einen Einführungsabend eines unserer beiden PV-Mitglieder: dabei wurden der Sinn und die Stoßrichtung sowie der Aufbau des Antrags diskutiert. Dabei spielte auch die Erfahrung eine Rolle, dass wir im ersten Halbjahr die beiden neuen Bildungsmaterialien zur Friedensfrage und zu EU jeweils nicht nur auf einer, sondern auf mehreren Sitzungen in der Gruppe diskutiert hatten und dabei – auch einige Gäste dabei hatten

Die Gruppe entschied dann, drei Extratermine anzusetzen und auf jeder dieser drei Sitzungen jeweils eines der drei großen Kapitel konkret zu beraten. Für jeden dieser Einzeltermine wurde ein Vorbereitungsgruppe gebildet, die sich zu einem gesonderten Termin traf; um anhand der eigenen privaten Meinungsbildung konkrete Änderungsvorschläge für die Gruppe vorzubereiten.

Alle diese Änderungen – kleine wie große – wurden schriftlich protokolliert und dann vor der nächsten Mitgliederversammlung jedem Mitglied zugestellt. Dabei zeigte sich, dass unser „jüngstes“ Mitglied sehr engagiert und sehr konkret in den Vorbereitungsgruppen mitarbeitete. Er griff sehr aktiv und konstruktiv in die Debatte ein. Auch das ist ein sehr angenehmer Nebeneffekt unserer Mitgliedergewinnung.

Die Änderungsvorschläge beziehen sich auf kleinere, aber auch auf größere Punkte und Themen. So wird ein Antrag kommen, der dem Parteitag die Aufwertung der gesamten Ökologie-Problematik zu einem vierten „Kampffeld“ vorschlagen wird. Außerdem wird es dazu auch einen bereits ausformulierten Textvorschlag geben. Diese Diskussion wird auf unserer nächsten Mitgliederversammlung geführt. Zwei Mitglieder der Gruppe waren an der Ökologiekonferenz in Frankfurt beteiligt, sodass die Debatte in Bonn auch noch bundesweite Diskussionsprozesse mitberücksichtigen kann.

Andere inhaltliche Änderungswünsche beziehen sich auf die Präzisierung der Bewertung der Rechtsentwicklung. Dabei kommt nach unserer Meinung im Antragsentwurf die Rolle der AfD doch etwas zu kurz. Dazu müssen die konkreten Änderungsvorschläge auch noch auf einer MV abgestimmt werden. Weitere Änderungen beziehen sich auf den Komplex der Bedeutung der deregulierten Finanzmärkte im Rahmen der „Globalisierung“, wozu ein Abschnitt erarbeitet wurde. Außerdem gibt es Vorschläge zum Abschnitt über das Bildungswesen.

Im Übrigen ist es keinesfalls so, dass in unseren Reihen vor Ort schon von Anfang an alle unterschiedlichen Auffassungen schnell „glattgebügelt“ werden. Die Diskussion ist durchaus „lebhaft“, das heißt, Widersprüche gibt es genug, aber Dank der doch nun gut strukturierten Vorbereitung und derpositiven Erfahrungen auch der Debatte um die Bildungszeitungen ist unsere „Diskussionskultur“ konstruktiver und ruhiger als früher geworden.

Wir gehen nicht emotionslos, aber doch auf die Sache fokussiert in die Debatte. Für den politischen Zusammenhalt unserer immer noch viel zu kleinen Parteigruppe ist diese Erfahrung ein insgesamt ermutigendes Erlebnis.

Mehr Informationen zum 23. Parteitag der DKP

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"Wie die Bonner Parteigruppe die Debatte um den Leitantrag organisiert", UZ vom 22. November 2019



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