Wir lassen uns nicht spalten

Werner Sarbok im Gespräch mit Patrik Köbele und Olaf Harms

UZ: Mit Sofortprogrammen ist die DKP in ihrer Geschichte nur in sehr zugespitzten Situationen aktiv geworden, zuletzt im November 1982 angesichts des Nato-Raketenbeschlusses und der zunehmenden Bedrohung von Arbeitsplätzen in der BRD. Was erfordert heute ein Sofortprogramm?

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

Patrik Köbele: Eine zugespitzte Situation haben wir. Weltweit toben imperialistische Kriege. Die Kriegsherde im Nahen Osten, in Afrika, aber auch in der Ukraine haben durchaus die Gefahr einer unbeherrschbaren Eskalation in sich. Diese Kriege sind die Hauptursache für die größte Flüchtlingssituation in der Geschichte der Menschheit. Die Flüchtlinge, die in unser Land kommen, werden durch Rassisten und Faschisten bedroht, der Spaltpilz unter den Ausgebeuteten wuchert.

UZ: Welche Adressaten hat das Sofortprogramm?

Olaf Harms: Natürlich wollen wir möglichst viele Menschen erreichen, um unsere Positionen darzustellen. Insbesondere aber natürlich auch aktive Kolleginnen und Kollegen in Betrieb und Gewerkschaften. Darüber hinaus sprechen wir aber auch Menschen in Bürgerinitiativen oder Sportvereinen an sowie Menschen, die in der Friedens- und Antifa-Bewegung aktiv sind. Letztlich richtet sich das Sofortprogramm auch an all die politisch Aktiven, die mit dem, wie Patrik sagt, „Spaltpilz unter den Ausgebeuteten“ zu tun haben werden.

UZ: „Wir brauchen den gemeinsamen Kampf um soziale Rechte und vor allem gegen die zerstörerische Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt“, heißt es in dem Papier. Beschäftigte und Erwerbslose haben bei den jüngsten Wahlen überproportional die AfD gewählt. Wie können wir wirksam auf die Ängste der KollegInnen reagieren, die eben die zu uns Geflüchteten als Konkurrenten fürchten?

Patrik Köbele: Erstmal haben sie ja durchaus Recht. Die Geflüchteten werden zur Verschärfung der Konkurrenz missbraucht. Das ist aber nicht die Schuld der Flüchtenden, sondern der Herrschenden, die in der Regel schon an den Ursachen der Flucht (Krieg, Umweltzerstörung, Verarmung) verdienen. Wir müssen also unsere richtige Losung: „Unsere Willkommenskultur heißt gemeinsam kämpfen“ in konkrete Forderungen umsetzen, das ist ein zentraler Charakter des Sofortprogramms.

Olaf Harms, Leiter der Kommission Betrieb und Gewerkschft der DKP

Olaf Harms, Leiter der Kommission Betrieb und Gewerkschft der DKP

Olaf Harms: Es ist schon erschreckend, wie viele Mitglieder von Gewerkschaften die AfD gewählt haben. Hier müssen wir uns insbesondere in den Gewerkschaften nicht nur mit der Politik der AfD auseinandersetzen, sondern auch sofort machbare Lösungen anbieten. Dafür bietet das Sofortprogramm die richtigen Antworten.

UZ: Ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde – das hört sich angesichts seiner heutigen Höhe utopisch an. Wie begründet die DKP diese Zahl – geht es jetzt darum, eine möglichst hohe in den Ring zu werfen?

Olaf Harms: Nein, es geht nicht um einen Wettstreit darum, wer die möglichst höchste Zahl benennt. Die steigende Anzahl der Menschen, die trotz lebenslanger Arbeit in der Rente arm und von staatlicher Hilfe abhängig sind, ist doch darin begründet, dass wir zu niedrige Löhne haben. Wenn selbst die Bundesregierung davon ausgeht, dass mindestens 11,68 Euro Stundenlohn nötig sind für eine armutsfeste Rente, dann ist doch die Forderung von 12 Euro als Sofortmaßnahme richtig.

Diese 12 Euro dienen aber nur dazu, um einer Altersarmut zu entgehen, gewährleisten aber doch nicht eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wer die steigenden Mieten und die Lebenshaltungskosten zahlen will und gleichzeitig auch noch mal ins Kino oder ins Schwimmbad will, der braucht schon einen Mindestlohn von 15 Euro die Stunde. Doch das wird eben nicht in einem Schritt geschehen, deshalb als erster Schritt sofort einen Mindestlohn von 12 Euro die Stunde.

UZ: Wie können die Kommunistinnen und Kommunisten in diesem Land mit diesem Programm arbeiten?

Patrik Köbele: Mit dem Programm ran an die Massen. Wir sollten überall, im Betrieb, in der Gewerkschaft, in der Nachbarschaft, im Verein, im Flüchtlingsheim die Diskussion darüber beginnen, was die Ursachen der Flucht sind. Wir müssen die Kriegstreiber benennen und die, die von Kriegen und Flucht profitieren. Wir müssen aufzeigen, dass bereits heute genug Geld da ist, um in unserem Land die größten sozialen Probleme, die Katastrophe im Bildungs- und Gesundheitswesen etc. zu lösen und damit zehntausende neue Vollzeitarbeitsplätze zu schaffen, dafür muss man aber in der Rüstung radikal ran und die Vermögen der Reichen besteuern. Dafür gemeinsam zu kämpfen, dafür sollten wir werben.

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"Wir lassen uns nicht spalten", UZ vom 6. Mai 2016



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