Gewerkschaftstag der EVG wählt neuen Vorstand

Zeit zu handeln!

Von Rainer Perschewski

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat einen neuen Vorsitzenden und neue Mitglieder im Geschäftsführenden Vorstand. Der außerordentliche Gewerkschaftstag wählte den gebürtigen Rostocker und „gelernten“ Eisenbahner Torsten Westphal mit 90,7 Prozent zum neuen Vorsitzenden und den SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Burkert mit 68 Prozent zum Stellvertretenden Vorsitzenden. Als weitere Mitglieder wurden der Jurist Kristian Loroch, künftig verantwortlich für die Mitbestimmung, und die Soziologin Cosima Ingenschay als neue Bundesgeschäftsführerin gewählt. Die Nachwahl war aufgrund des Renteneintritts der beiden Spitzenfunktionäre Alexander Kirchner und Regina Rusch-Ziemba erforderlich geworden.

Die neue Zusammensetzung des Vorstandes markiert nicht nur einen seit ein paar Jahren im Haupt- und Ehrenamt sich vollziehenden Generationenwechsel, sondern wird Auswirkungen auf die Politik der Eisenbahnergewerkschaft haben. Torsten Westphal konnte bisher als Bundesgeschäftsführer die Weichen für die Organisationspolitik der EVG stellen. So hat er die Veränderungen in der Gewerkschaftsstruktur mit Gründung der EVG verantwortlich mitgestaltet und die Organisation auf eine stärkere Aktionsorientierung umgestellt. In der letzten Tarifrunde war Torsten Westphal schon Akteur und verantwortlich für die Organisation des Arbeitskampfes, und damit für den ersten Warnstreik bei der DB AG seit Gründung der EVG. Auch die inzwischen sehr zahlreichen Arbeitskämpfe in Bus- und Bahngesellschaften fielen in seine Zuständigkeit. Diese Politik schlägt sich seit einigen Jahren auch in den steigenden Mitgliederzahlen unter den aktiven Beschäftigten im Schienensektor nieder. Die beiden „Newcomer“ Loroch und Ingenschay sind bisher nur organisationsintern in Erscheinung getreten. Sie sind aber ebenso schon Ausdruck der Veränderungen, die sie in ihren bisherigen Funktionen wie Verkehrspolitik, Bildung und Zukunftsprogramm gestaltet haben.

Auf der Pressekonferenz nach dem Gewerkschaftstag konnten die Medienvertreter einen kleinen Eindruck davon gewinnen. Torsten Westphal machte deutlich, dass es Zeit ist zu handeln: „Angesichts der zahlreichen Probleme bei der Deutschen Bahn muss der Reset-Knopf gedrückt werden und endlich gemeinsam festgelegt werden, welche Rolle die Deutsche Bahn in der politisch gewollten Verkehrswende einnehmen soll und wie die dafür notwendige Finanzierung sichergestellt werden kann“, stellte der neue EVG-Vorsitzende auf der Pressekonferenz fest. „Es muss Schluss damit sein, dass immer nur an einzelnen Symptomen herumgedoktert wird, dringend erforderlich ist ein überzeugendes Gesamtkonzept, das den Schienenverkehr insgesamt noch vorne bringt“, so Westphal. Nach Einschätzung des neuen EVG-Vorsitzenden werden die Herausforderungen, vor denen das Unternehmen Deutsche Bahn steht, von Tag zu Tag größer. So sei die Infrastruktur nach wie vor unterfinanziert, Wagenmaterial und Technik aufgrund ihres Alters zunehmend störanfällig und wichtige Finanzierungsfragen – wie beispielsweise die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) – immer noch offen. „Das ist für ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn ein unhaltbarer Zustand, für den auch der Eigentümer Verantwortung trägt. Ich fordere den Verkehrsminister zu deutlich mehr Engagement auf. Die Zeit der Briefe und Ultimaten ist vorbei, jetzt muss gehandelt werden“, machte Westphal deutlich.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Zeit zu handeln!", UZ vom 22. November 2019



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit