Eine neue Propagandablase im Medienkrieg gegen China

Zwangsarbeit und Organhandel

Aus „People‘s Voice“, Zeitung der Kommunistischen Partei Kanadas

Ein Fake macht Karriere

Den Stein ins Rollen brachte eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters: Sie behauptete, dass die chinesische Regierung bis zu einer Million uigurische Muslime in Geheimlagern eingepfercht hat. Die Nachrichtenhändler beriefen sich auf einen offiziellen Bericht der Vereinten Nationen. Gierig und ungeprüft wurde der Stoff von den Medien der westlichen Mehrwertgemeinschaft übernommen, Munitition für die andauernde Kampagne gegen die Volksrepublik.

Der Bericht erschien am 10. August, dem Tag, an dem ein UN-Ausschuss seinen regelmäßigen Bericht über die Lage in den 179 Unterzeichnerstaaten des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung von Rassendiskriminierung vorlegte. Tatsächlich war es also nicht die UNO, die das behauptete – wie es die Überschrift der Meldung suggerierte –, sondern ein Komitee „unabhängiger Experten“, wie ein Blick auf dessen Webseite preisgibt. Und selbst dieses Gremium hat die Behauptung nicht aufgestellt, sondern sein einziges US-amerikanisches Mitglied, ein Gay McDougall.

Dieser McDougall hielt es auch nicht für angebracht, eine Quelle für seine Denunziation anzugeben. Natürlich hat Reuters versucht, einen Beleg zu finden, und fand ihn schließlich bei einer Organisation chinesischer und chinesischstämmiger „Menschenrechtler“, der CHRD. Diese Gruppe residiert in Washington DC im Büro von „Human Rights Watch“. Das ist eine NGO, die bekannt ist für ihre Konzentration auf angebliche Menschenrechtsverletzungen in Russland, China, Syrien und Venezuela, also Länder, die im Visier des US-Imperiums sind. Angeblich finanziert sie sich aus privaten Spenden, die CRHD jedoch laut eigenen Angaben zu 99 Prozent aus „staatlichen Zuschüssen“ nicht näher genannter Institutionen.

Unbestreitbar hat China in der Autonomen Region Xinjiang ein Problem mit dem vom Ausland – vor allem von Saudi-Arabien und den USA – gesponserten terroristischen Dschihadismus. Darauf weist auch hin, dass im syrischen Idlib uigurische Islamisten gefangen genommen werden.

Das Bestehen von Umerziehungslagern hat die chinesische Regierung bestätigt, aber bestritten, dass die Gefangenen misshandelt werden. Die Zahlen der dort Internierten, seien es „Hunderttausende“ oder „eine Million“, sind frei erfunden – das wären 4 Prozent der Gesamtbevölkerung der Region, 12 Prozent der uigurischen Minderheit. Die Reuters-Meldung ist Teil der US-Strategie, im Namen der Menschenrechte „zivilgesellschaftliche“ Gruppen und „Think-Tanks“an den vorderen Linien der Propagandafront einzusetzen, um öffentliche Empörung zu schüren und dadurch das eigene imperialistische Streben zu fördern.

Manfred Idler

Bis Ende 2017 waren die Wörter „Uiguren“ und „Xinjiang“ in den westlichen Medien selten. Plötzlich begannen die Mainstream-Medien jedoch einen stetigen und zunehmenden Fluss von Artikeln und Berichten über das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen ethnische und nationale Minderheiten in der nordwestlichen Provinz Chinas zu veröffentlichen. Alle wiederhlen das Mantra, dass China über eine Million Mitglieder der überwiegend muslimischen uigurischen Gemeinschaft in Xinjiang in Zwangsarbeits- und Umerziehungslagern gefangen hält.

Woher das plötzliche Interesse? Tatsächlich hat China in den letzten zehn Jahren in Xinjiang interveniert. Es handelt sich um eine geplante Intervention, die sich aus der Kampagne der Regierung gegen den Terrorismus und ihrer Strategie zur Bekämpfung der Armut ergibt.

Xinjiang ist seit langem Teil des chinesischen Territoriums und spiegelt eine Verbindung wider, die mindestens über 2 000 Jahre zurückreicht. 1955 gründete die Volksrepublik die Autonome Region Xinjiang, die sowohl die territoriale Integrität als auch die multiethnische Realität des Landes bestätigt. Aber auch separatistische Stimmungen, die oft in Forderungen nach einer Form eines unabhängigen Staates „Ostturkestan“ gipfeln, haben unter den Uiguren eine lange Geschichte.

Ein Bericht der chinesischen Regierung vom März 2019 stellt fest, dass Gewalt und Terrorismus in Xinjiang seit Anfang der 90er Jahre stark zugenommen haben, und zwar durch „Kräfte innerhalb und außerhalb Chinas, die ihre Zusammenarbeit intensiviert haben, während sich Terrorismus und Extremismus über die ganze Welt ausbreiten. Sie versuchen radikal einen Staat Osturkestan zu errichten.“ Der Bericht, ist über das State Council Information Office erhältlich und enthält Einzelheiten über Tausende von Terroranschlägen in Xinjiang in den letzten 25 Jahren sowie über die Reaktion der Regierung.

Die chinesische Regierung sagt, dass ihr Ansatz für Xinjiang „eine Politik widerspiegelt, die das richtige Gleichgewicht zwischen Verständnis und Härte findet“. Dazu gehört eine Anti-Terror- und Entradikalisierungskampagne, die darauf abzielt, den Einfluss des Extremismus in Xinjiang zu erfassen und einzudämmen und gleichzeitig das Recht auf religiöse Betätigung zu schützen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Bekämpfung der extremen Armut in der Region, die die Bevölkerung anfälliger für reaktionäre Ideologien macht. Eine bessere Gesundheitsversorgung, Schulpflicht, bessere Arbeitsplätze und Einkommen sowie eine bessere Infrastruktur sind Teil dieser Bemühungen.

Es dürfte schwer sein, das Gleichgewicht zwischen „Mitgefühl und Härte“ zu finden. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass Chinas Reaktion auf den Terrorismus in Xinjiang „unausgewogen“ ist, aber das erklärt kaum das plötzliche und zwanghafte Interesse westlicher Regierungen und Medien an den Uiguren. Schließlich hatten dieselben Stimmen im vergangenen Jahr wenig zu kritisieren am aggressiven Vorgehen Spaniens gegen die katalanische Unabhängigkeitsbewegung, sie bekräftigten nur die Notwendigkeit eines „vereinten Spaniens“.

Das Interesse des Westens an den Uiguren ist nicht uneigennützig, es geht um die wirtschaftliche und politische Rivalität mit China.

Die Provinz Xinjiang ist reich an natürlichen Ressourcen. Über 40 Prozent seines Territoriums sind für die Land- und Forstwirtschaft geeignet, ihr Boden birgt beachtliche Bodenschätze, ihre Kohlevorkommen machen fast 40 Prozent der Gesamtmenge Chinas aus, hier liegt ein rundes Viertel von Chinas Erdöl und Erdgas. Wirtschaftlich ist Xinjiang ein Schlüssel zur Entwicklung Chinas und das bedeutet, dass es auch eine Schlüsselregion westlicher Interessen ist.

Anfang April besuchten Mitglieder des „Weltkongresses der Uiguren“ (WUC) Ottawa, um die kanadische Regierung zur Verhängung von Sanktionen zu veranlassen und eine internationale Kampagne zu koordinieren, um Druck auf die chinesische Regierung auszuüben. Vergangenen Monat besuchte der WUC in Neuseeland, Italien und in der Europäischen Union. Der WUC hat seinen Sitz in München und wird vom National Endowment for Democracy (NED) finanziert, einem wichtigen Propagandainstrument der US-Regierung zur proamerikanischen Orientierung im Ausland. Die Organisation hat den einzigen Zweck der Bildung eines unabhängigen Staates Ostturkestan, also den Zerfall Chinas. Man muss kein großer Geist sein, um zu vermuten, dass eine ostturkestanische Wirtschaft stark mit der ihrer Geldgeber, den USA und der EU, verflochten sein würde.

Neben anderen Storys beschuldigt der WUC auf seinen Web- und Social-Media-Seiten die chinesische Regierung, inhaftierten Uiguren systematisch Organe zu entnehmen, um sie auf dem Untergrundmarkt zu verkaufen. Eine Million Gefangene bei einer Bevölkerung von etwa 10 Millionen Menschen, systematischer Organhandel – das klingt wie der Stoff billiger Filme aus dem Kalten Krieg. Der Zweck dieser unbelegten, aber verbreiteten Gruselgeschichten ist es, einen Rausch moralischer Empörung zu schüren, der unterschiedliche Formen ausländischer Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten rechtfertigen kann.

Es ist ein klassischer Fall der „Bürde des weißen Mannes“ – jener tief verwurzelten Ansicht, dass humanitäre Intervention das edle Handeln zivilisierter Nationen ist, unterdrückten und „wilden“ Verwandten beizuspringen – und gleichzeitig brutale Kolonisierung, die Aufteilung der Welt, Plünderung und Völkermord zu rechtfertigen.

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"Zwangsarbeit und Organhandel", UZ vom 13. September 2019



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