Zum Tod von Helmut Peters

Auf der Suche nach der Furt

Professor Dr. Helmut Peters ist wenige Wochen vor seinem 93. Geburtstag in Berlin gestorben. Er hat die marxistische China-Debatte in unserem Land wie kaum ein anderer beeinflusst. 2009 erschien sein Hauptwerk zur Entwicklung der Volksrepublik China „Auf der Suche nach der Furt“. Der Buchtitel könnte auch als Leitmotiv für Peters’ Leben verstanden werden.

Dem jungen Helmut Peters war seine spätere wissenschaftliche und diplomatische Karriere nicht in die Wiege gelegt. Sicher ist: Ohne die DDR und ohne ihren Bruch mit dem bürgerlichen Bildungsprivileg wäre seine persönliche und berufliche Entwicklung nicht denkbar gewesen.

Am 23. Juli 1930 in Schwanebeck im Vorharz geboren, gehörte Helmut Peters zu jenen Jahrgängen, die kurz vor der Befreiung vom Faschismus noch als Kanonenfutter in den sogenannten Volkssturm einberufen wurden. Glücklicherweise unverletzt aus dem Krieg zurück, zog er die richtigen politischen Konsequenzen und begann 1946 eine Tischlerlehre, die er erfolgreich abschloss, bevor er auf der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät „Walter Ulbricht“ in Halle-Wittenberg die Hochschulreife erwarb. Danach erfolgte die Delegation an das Ostasiatische Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig zum Studium der Sinologie und Japanologie. An der Peking-Universität setzte er anschließend seine China-Studien zwei Jahre lang postgradual fort.

Peters habilitierte sich zur Problematik der gesellschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik China 1957 bis 1978. Die insgesamt acht Jahre seines Aufenthaltes in China, davon fünf Jahre als Diplomat der DDR, vermittelten ihm unmittelbare Einsichten in die Entwicklung des Landes. Zwei Jahrzehnte leitete er den interdisziplinären Forschungsbereich VR China an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und war Autor zahlreicher Publikationen, in denen er sich vor allem mit dem Übergang Chinas aus im Wesentlichen mittelalterlichen Strukturen zum Sozialismus auseinandersetzte.

Im Oktober 1990 wurde Peters „abgewickelt“. Er nutzte die darauf folgende Zeit, sich noch stärker in der marxistischen China-Debatte in unserem Land einzubringen. In diesen Jahren nahm er an zahlreichen Veranstaltungen der DKP und der Marx-Engels-Stiftung als Referent und Diskutant teil. Auf den UZ-Pressefesten war er häufig zu Gast und stellte sich dort 2014 einem Streitgespräch mit dem ehemaligen DDR-Botschafter in der VR China, Rolf Berthold, zum Thema „Volksrepublik China – zwischen gestern und morgen“. Im überfüllten Debattenzelt tauschten die beiden China-Koryphäen ihre teils unterschiedlichen Sichtweisen auf die Entwicklung der VR China aus, sehr zum Nutzen der Zuhörerinnen und Zuhörer.

Sein Hauptwerk, die knapp 600-seitige Schrift „Die VR China – Aus dem Mittelalter zum Sozialismus – Auf der Suche nach der Furt“, stellte er der DKP zur Veröffentlichung zur Verfügung. Erschienen in der Edition Marxistische Blätter, ist dieses Buch leider längst vergriffen. Es kann mit seiner tiefgehenden und kenntnisreichen Analyse der heutigen China-Debatte noch wertvolle Impulse geben.

Helmut Peters stellte seinem Werk eine kurze Passage aus der Rede Mao Zedongs vor den rund 600 Delegierten auf der 1. Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes am 21. September 1949 voran: „Unsere Nation wird sich nun in die Gemeinschaft der Frieden und Freiheit liebenden Nationen der Welt einreihen, wird mutig und fleißig arbeiten, sich ihre eigene Zivilisation und ihr eigenes Glück schaffen und zugleich Frieden und Freiheit in der Welt fördern. Unsere Nation wird niemals mehr eine Nation sein, die sich beleidigen und demütigen lässt. Wir sind aufgestanden.“

Diesen Aufbruch Chinas in eine neue Welt begleitete und unterstützte Helmut Peters über Jahrzehnte solidarisch und engagiert. Die Deutsche Kommunistische Partei hat einen guten Freund verloren.

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"Auf der Suche nach der Furt", UZ vom 30. Juni 2023



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