USA nennen Bombardierung der syrischen Truppen „Selbstverteidigung“

Bizarre Umdeutung der Realität

Von Manfred Ziegler

Am 8. Februar griffen die US-Luftwaffe und -Artillerie bewaffnete Einheiten der Regierung im Gouvernement Deir Ezzor an. Angeblich hätten die Regierungstruppen Stellungen der US-Verbündeten der „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF), zu denen auch kurdische Kräfte wie die YPG gehören, angegriffen. Das Pentagon sprach von einem verletzten SDF-Soldaten. Im US-Angriff dagegen wurden bis zu hundert Soldaten getötet. Sie kämpften offenbar gegen Einheiten des IS, bevor sie angegriffen wurden.

Zwei Tage später bombardierten israelische Flugzeuge zum wiederholten Mal in diesem Jahr Ziele in Syrien. Ein israelisches Flugzeug wurde dabei abgeschossen.

In nahezu gleichlautenden Stellungnahme sprachen das US- und das israelische Militär von rein „defensiven“ Aktionen. „Die SDF haben in Selbstverteidigung und mit Unterstützung durch die Koalition gehandelt …Wir suchen keinen Konflikt mit dem syrischen Regime“, so das Pentagon. Und das israelische Militär sprach von einer „rein defensiven Aktion gegen die iranische Aggression“ und will die Situation nicht weiter verschärfen. Doch droht ein israelischer Militärchef, General Yoel Strick vom israelischen Nordkommando, mit Krieg.

Jeder Angriff wird immer wieder als „Selbstverteidigung“ bezeichnet – eine bizarre Umdeutung der Realität. Zwar wird vom israelischen Militär der angebliche Flug einer Drohne über israelisches Gebiet als Begründung für den jetzigen Angriff genannt. Doch gibt es so viele israelische Angriffe (allein im Januar drei), dass die Begründungen beliebig werden.

Die USA sehen dem Angriff der Türkei auf ihre Verbündeten in Afrin tatenlos zu – mit dem Angriff in Deir Ezzor zeigen sie, dass sie die SDF weiterhin unterstützen. So verhindern sie jeden denkbaren Ansatz einer Zusammenarbeit der SDF mit der syrischen Regierung. Und auch auf die Verhandlungen in Astana und Sotschi, mit denen die Russische Föderation eine politische Lösung des Konflikts anstrebt, wollen die USA antworten. Die Sprecherin des Pentagon, Dana White, sagte: „Wir unterstützen weiterhin die SDF, um sicherzustellen, dass unsere Diplomaten in Genf von einer Position der Stärke aus verhandeln können.“

Zu der Position der Stärke gehört auch die Kontrolle über die Öl-Ressourcen in Deir Ezzor. Und so ist auch der Angriff der USA in Deir Ezzor zu verstehen, bei dem schon im September 2016 hundert syrische Soldaten getötet wurden. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums betonte, dass die US-Truppen in Syrien den politischen Prozess und die territoriale Einheit Syriens bedrohen.

Israel sucht eine Position der Stärke gegenüber dem Iran. Die Stabilisierung Syriens mit Hilfe des Iran steht dem im Wege. Und so greift die israelische Luftwaffe immer wieder Ziele in Syrien an, um die Zusammenarbeit zwischen Syrien, dem Iran und der Hisbollah zu stören. Zu Israels Verbündeten gehören dabei auch die Dschihadisten, die auf dem Golan kämpfen. Auch sie werden durch israelische Luftangriffe unterstützt.

Bisher konnten israelische Flugzeuge nach Belieben die Souveränität des Libanon und Syriens verletzten. Dies scheint mit dem Abschuss der F-16 nicht mehr ohne weiteres möglich.

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"Bizarre Umdeutung der Realität", UZ vom 16. Februar 2018



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