Automobilkonzern setzt zunehmend auf Rüstungsproduktion

Daimler Truck im Flecktarn

Im Mai wurde bei Daimler Truck ein Sparprogramm zwischen der Konzernleitung und dem Gesamtbetriebsrat beschlossen. Bis 2030 soll eine Milliarde Euro eingespart werden. Das bedeutet unter anderem Personalabbau, temporären und teilweisen Verzicht auf Tariferhöhungen und die Erhöhung der Leiharbeitsquote auf 18 Prozent. Gleichzeitig wird das Geschäft mit der Rüstung ausgedehnt.

Bis Ende Mai 2026 soll „eine mittlere dreistellige Zahl“ von Militärtransportern des Typs Mercedes-Benz Arocs an den Bundeswehr-Mobilitätsdienstleister Bw-Fuhrpark-Service ausgeliefert werden. Das verkündete der Nutzfahrzeugkonzern mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen in der Nähe von Stuttgart am 11. Juni. Das Modell Arocs ist laut Daimler Truck unter anderem für Logistikeinsätze im militärischen Bereich abseits asphaltierter Straßen konzipiert. Es handelt sich um einen dreiachsigen Logistik-Lkw mit Allradantrieb und einer Nutzlast von bis zu zehn Tonnen. Die Fahrzeuge sind auch für Einsätze in Sumpfgebieten oder zur Durchquerung von Flüssen bis zu einer Wasserhöhe von 90 Zentimetern geeignet. Der Arocs verfügt über eine hohe Bodenfreiheit und ein widerstandsfähiges Fahrwerk, außerdem über eine begrenzte militärische Sonderausstattung wie etwa eine Flecktarn-Lackierung.

Bauteile wie Achsen, Getriebe und Motoren kommen aus deutschen Mercedes-Werken. Eine Pressemitteilung von Daimler Trucks gibt folgenden Überblick: „Die bestellten Arocs 6 × 6 werden im deutsch-französischen Produktionsverbund hergestellt. Die Achsen und Getriebe stammen aus dem Mercedes-Benz-Werk Gaggenau. Aus dem Motorenwerk Mannheim kommt das Herzstück der Antriebseinheit, der Motor OM 470, der im größten Lkw-Werk von Mercedes-Benz Trucks in den Fahrzeugrahmen eingesetzt wird. Auch die ‚Hochzeit‘, die Verbindung von Fahrerkabine und Fahrgestell, wird wie üblich im Werk Wörth vorgenommen. Im französischen Molsheim, keine 100 Kilometer entfernt von Wörth am Rhein, rüstet der Hersteller die Fahrzeuge anschließend mit militärspezifischen Ausstattungselementen aus. Außerdem wird dort eine Grundlackierung aufgetragen, die chemikalienresistent ist und die Sichtbarkeit in Nachtsichtgeräten und Wärmebildkameras reduziert.“

Der Arocs ist nicht das einzige militärisch nutzbare Fahrzeug von Daimler Truck. Zur Modellreihe für militärische Einsätze zählen auch der Unimog (vielseitiges, hoch geländegängiges Fahrzeug), der Zetros (Haubenwagen für den Transport schwerer Lasten in unwegsamem Gelände), der Atego (ein kompakter, flexibler Lkw für leichtere Logistikaufgaben) sowie der Actros, der wie der Arocs ein schwerer Lkw für Material und Panzerschutztransport ist. Bei all diesen Militärfahrzeugen will Daimler Truck seine Marktposition und seine Geschäfte ausbauen. Seine Kapazitäten in Wörth und in Molsheim wurden deshalb bereits erweitert. Andere Werke werden nachziehen.

Die „Stuttgarter Zeitung“ überschrieb am 3. Juni einen Bericht über eine Veranstaltung des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW mit „Kretschmann setzt voll auf die Verteidigungswirtschaft“. Die „Verteidigungsfähigkeit in kurzer Zeit hochfahren“, darin sieht er die Zukunft und einen „enormen Wachstumsbereich“ in Baden-Württemberg. Das betont der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg bei jeder Gelegenheit.

Durch die andauernde Wirtschaftskrise in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie sind seit 2019 50.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Allein im vergangenen Jahr sank die Beschäftigtenzahl um 0,8 Prozent auf rund 1,3 Millionen in der gesamten baden-württembergischen Industrie. Besonders von Stellenabbauprogrammen betroffen waren der Maschinenbau (minus 4.800 Beschäftigte), die Autoindustrie (minus 3.200 Beschäftigte) sowie die Metallerzeugung (minus 3.900 Beschäftigte). Die Rüstungsindustrie schafft hier bisher keinen Ausgleich. Mit den geschätzt 14.500 Beschäftigten, die in Baden-Württemberg laut Wirtschaftsministerium der Rüstungsindustrie zugerechnet werden, mit allen Zulieferern rund 42.000, spielt die Branche innerhalb der Metall- und Elektroindustrie nur eine untergeordnete Rolle.

Das will Kretschmann nun ändern. Aber ist das eine Perspektive im Sinne der Arbeitenden? Die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie ist extrem teuer und bringt der Gesellschaft keinen Nutzen, sondern Krieg und Tod. Schließlich werden Rüstungsgüter nicht für das Museum produziert, sondern für ihren Einsatz im Krieg. Profite lassen sich mit der Rüstung gut machen, das zeigen die Profitraten aus allen Rüstungsbetrieben. Und für das Kapital ist der von Kretschmann eingeschlagene Weg natürlich ein lukrativer Ausweg aus der Krise. Für die Arbeiterklasse aber nicht. Das Geld, das in die Rüstung fließt, ist sinnvoller angelegt im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich oder für eine sozial-ökologische Verkehrswende.

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"Daimler Truck im Flecktarn", UZ vom 27. Juni 2025



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