Am 24. und 25. April findet eine Tagung der Marx-Engels-Stiftung zur Pariser Kommune statt

Der erste Arbeiterstaat der Geschichte

Aus Anlass des 150. Jahrestags der Pariser Kommune lädt die Marx-Engels-Stiftung am letzten Aprilwochenende zu einer zweitägigen Tagung im Clara-Zetkin-Waldheim in Stuttgart ein. Noch hofft Peter Krämer, der die Veranstaltung vorbereitet hat, dass neben den Online-Teilnehmern auch einige Gäste vor Ort sein können.

UZ: 1871 erhob sich die Pariser Arbeiterklasse, nahm die politische Macht in ihre Hände und machte sich an den Aufbau einer neuen Gesellschaft. Das Ganze scheiterte nach nur 72 Tagen. Am ersten Tag der Veranstaltung zeichnet ihr die Geschichte der Kommune nach. Was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer?

- Der erste Arbeiterstaat der Geschichte - Geschichte der Arbeiterbewegung, Konferenz - Theorie & Geschichte

Peter Krämer: Zunächst wird Gisela Blomberg einen allgemeinen Überblick über die Entwicklung geben – von der Beschlagnahme der Kanonen am 18. März und der Übergabe der Regierungsgewalt von der Nationalgarde an den Kommunalrat über die Sozialpolitik der Kommune bis hin zu dieser schrecklichen „Blutwoche“.

Danach spricht Kai Köhler über den Deutsch-Französischen Krieg und die Krise des „Zweiten Kaiserreichs“. Er wird das Thema anhand des Romans „La Débâcle“ von Émile Zola aufbereiten. Dieser Roman kommt mir vor wie ein Dokudrama. Sein eigentlicher Inhalt ist die Geschichte des Krieges und der Kommune – aber Kai Köhler wird das wahrscheinlich fachmännischer beurteilen. Schließlich referiert Sabine Kebir über die Kollaboration der preußischen mit der französischen Bourgeoisie bei der Niederschlagung der Kommune – was auch für die deutsche Kapitalistenklasse in ihrem Kampf gegen die revolutionäre Sozialdemokratie von Bedeutung war. Ich hoffe, sie wird auch etwas über die Solidarität der Arbeiterklassen sagen.

UZ: Für den ersten Teil der Tagung konntet ihr drei Frauen als Referentinnen gewinnen. Florence Hervé spricht zur Rolle der Frauen in der Kommune. Warum räumt ihr diesem Aspekt einen eigenen Programmpunkt ein?

Peter Krämer: Zunächst mal danke für deinen Hinweis, dass die Hälfte unserer Vortragenden Frauen sind. Das passt bei diesem Thema doch ganz gut, weil Frauen während der Kommune eine politische Aktivität entfaltet haben, wie das nie zuvor der Fall war.

Die Frauen haben durch die Kommune eine wirkliche Befreiung erlebt. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Bis dahin nicht legitime Lebensgemeinschaften wurden legalisiert und uneheliche Kinder den ehelichen gleichgestellt. Aber die – wenn man so will – Emanzipation der Frauen ging noch weit darüber hinaus: Frauen konnten sich organisieren, sie konnten mitreden und sie wurden gehört.

Und die Frauen gaben alles, was sie an Positivem durch die Kommune erlebten, an diese wieder zurück. Das ging bis zum Barrikadenbau und bis zur Teilnahme an den Kämpfen.
Florence Hervé wird über dieses Wechselverhältnis sprechen.

UZ: Zur Frage, was wir heute aus der Geschichte der Kommune lernen können, habt ihr zwei Vertreter der DKP eingeladen. Was erwartet ihr von ihnen?

Peter Krämer: Der eine – Hans-Peter Brenner – wird über die marxistische Staats- und Revolutionstheorie im Lichte der Pariser Kommune sprechen. Marx und Engels verfolgten die Geschehnisse während der Tage der Kommune mit größter Aufmerksamkeit; ebenso hat Lenin etwa für „Staat und Revolution“ die Erfahrungen der Kommune ausgewertet. Da wäre es interessant zu erfahren, ob wir etwas an unseren Auffassungen ändern müssen.

Der zweite – Patrik Köbele – wird sich mit der Frage auseinandersetzen, wie wir mit den Niederlagen der revolutionären Arbeiterbewegung umgehen. Wir haben ja vor 30 Jahren eine zweite Niederlage erlitten – die erste nach 72 Tagen Pariser Kommune, die zweite nach 72 Jahren Sozialismus. Gibt es da vielleicht Ähnlichkeiten? Ich glaube schon und ich denke, Patrik Köbele wird auf diese Parallelen eingehen.

UZ: Ihr habt euch einiges vorgenommen. Kann man sich noch zu der Tagung anmelden?

Peter Krämer: Selbstverständlich. Ich hoffe, dass wir die Veranstaltung im Waldheim mit zumindest einigen Besuchern durchführen können. Aber da wir die Tagung von vornherein als „Hybrid-Veranstaltung“ geplant haben, also die Online-Teilnahme schon vorbereitet war, sind wir hinsichtlich der Teilnehmerzahl praktisch nicht beschränkt. Wir freuen uns über jede Anmeldung!


150 Jahre Pariser Commune

Samstag 24. April 2021, 10.30–17.00 Uhr
Sonntag, 25. April 2021, 11.00–15.00 Uhr

Vorträge und Diskussion ergänzt durch Karikaturen, Bilder und Musik zur Pariser Kommune.

Eine Anmeldung ist per E-Mail an marx-engels-stiftung@t-online.de oder telefonisch 0211/6802828 bis zum 21. April möglich.


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Über den Autor

Björn Blach, geboren 1976, ist als freier Mitarbeiter seit 2019 für die Rubrik Theorie und Geschichte zuständig. Er gehörte 1997 zu den Absolventen der ersten, zwei-wöchigen Grundlagenschulung der DKP nach der Konterrevolution. In der Bundesgeschäftsführung der SDAJ leitete er die Bildungsarbeit. 2015 wurde er zum Bezirksvorsitzenden der DKP in Baden-Württemberg gewählt.

Hauptberuflich arbeitet er als Sozialpädagoge in der stationären Jugendhilfe.

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"Der erste Arbeiterstaat der Geschichte", UZ vom 16. April 2021



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