DKP-Parteivorstand wertet EU-Wahlen aus und bereitet Parteitag vor

Ein nützliches Alarmzeichen

Von Olaf Matthes

Am vergangenen Wochenende hat der DKP-Parteivorstand begonnen auszuwerten, warum die DKP bei der EU-Wahl Stimmen verloren hat. Er beschloss, für den kommenden Parteitag einen Leitantrag mit dem Arbeitstitel „Eingreifen in die Klassenkämpfe unserer Zeit“ vorzulegen.

Der Hauptgrund für das schlechte Ergebnis der DKP bei den EU-Wahlen sei „eine noch nie dagewesene“ Kampagne gewesen, die eine positive Sicht auf die EU „in großen Teilen des Massenbewusstseins verankert“ habe, schätzte der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele ein. „Es gab noch nie so ein großes Bündnis, das gesagt hat: Die EU und die Europastrategie des deutschen Kapitals ist unsere.“ Dieses Bündnis habe „von der AfD bis zu Teilen der Linkspartei“ gereicht, auch führende Teile der Gewerkschaften seien eingebunden gewesen. Mit der Darstellung der EU-Wahl als „Schicksalswahl“, in der angeblich „die demokratischen Parteien“ gegen „rechts“ gestanden hätten, sei es gelungen, „das Glaubwürdigkeitsproblem der traditionellen bürgerlichen Parteien zu den Grünen zu kanalisieren“. Köbele wies darauf hin, dass mit Nico Semsrott einer der neu gewählten Abgeordneten von „Die Partei“ sich der grünen Fraktion angeschlossen hatte. Zwar sei es spaßig, eine Gruppe zu wählen, die sarkastisch die Probleme aufgreift, ohne Lösungen zu benennen. Semsrotts Entscheidung bedeute aber die Stärkung der Kriegsfraktion. „Da hört der Spaß auf“, so Köbele.

Gegenüber der vorangegangenen EU-Wahl 2014 verlor die DKP über 20 Prozent ihrer Wähler, sie erhielt 20419 Stimmen gegenüber 25147. Das Wahlergebnis sieht Köbele als „Abbild unserer Verankerung“ – und damit als „Alarmzeichen“. Die Diskussion zeigte, dass die Mitglieder des Parteivorstandes das klare Auftreten gegen die EU auch im Nachhinein für richtig halten. Es gab aber auch Kritik am Wahlkampf. Die DKP habe sich nicht stark genug vom „grünen Mainstream-Zickzack“ abgegrenzt, schätzte Björn Schmidt aus Niedersachsen ein. Für die Wahlauswertung blieb allerdings nur eine gute halbe Stunde Zeit, die Diskussion soll auf der nächsten Tagung fortgesetzt werden.

Den Schwerpunkt der Sitzung bildete die Vorbereitung des nächsten Parteitags. Außerdem diskutierte der Parteivorstand Referate zur Lage in Ostdeutschland und zur Entwicklung der UZ. Nachdem der vergangene Parteitag auf eine organisationspolitische Stärkung und die Wiederverankerung in der Arbeiterklasse orientierte, soll auf dem 23. Parteitag Ende Februar 2020 Gelegenheit für einen Erfahrungsaustausch sein. Der Leitantrag soll die wichtigsten Kampffelder der Partei bestimmen und beschreiben. Das seien die Felder, „an denen wir Bruchpunkte in der Offensive des Monopolkapitals für möglich halten“, hieß es im auf der Tagung vorliegenden Entwurf. Solche Brüche seien Schritte auf dem Weg zu einer „Wende zu Frieden und Abrüstung, zu demokratischem, sozialem und ökologischen Fortschritt“, die die DKP auf ihrem letzten Parteitag als nächstes strategisches Etappenziel identifiziert hatte. Diese Kampffelder ordnet der Antrag in die die drei Bereiche „Für Frieden und Völkerfreundschaft“, „Für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen“ und „Für den Erhalt und die Wiedererlangung demokratischer Rechte“.

In der Diskussion zeigten sich unterschiedliche Einschätzungen zur Umweltpolitik.

Björn Schmidt und Männe Grüß stellten die Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) als Ergebnis eines „Klima-Hypes“ dar, als eine von den Grünen „gesteuerte und unterwanderte Kampagne“. Die Regierung werde vermutlich eine CO2-Steuer einführen und damit die Werktätigen belasten. Indem FFF genau das fordert, unterstütze sie die Regierungspolitik und vertrete eine „Verzichtsideologie“.

Dem widersprach Hans-Peter Brenner, stellvertretender Vorsitzender der DKP: Der „Klima-Hype“ sei nur ein „Nebenaspekt“ angesichts der tatsächlich vorhandenen ökologischen Krise. Renate Koppe beschrieb Erfahrungen mit FFF: Zwar sei die Bewegung bundesweit „stark an den Grünen orientiert“, in Bonn gebe es aber zum Beispiel „viele antikapitalistische Kräfte“, mit denen sich die Zusammenarbeit lohne. Köbele erinnerte daran, dass die verschiedenen bürgerlichen Kräfte bei jeder Bewegung versuchen, sie in ihrem Sinne zu steuern. „Aber wenn Menschen in Bewegung kommen, und wir sehen, das ist gesteuert, dann heißt das für uns nicht: Dann lassen wir sie gesteuert laufen.“

Der Leitantrag wird Umweltpolitik nicht als eigenständiges Kampffeld behandeln, sondern Fragen der Energie- und Verkehrspolitik in den Abschnitt „Für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen“ einordnen. Der Parteivorstand beschloss, im Herbst eine theoretische Konferenz ausrichten, um die Umweltpolitik der Partei zu debattieren, und einen separaten Antrag zu Umweltpolitik an den Parteitag zu erarbeiten. Weiterhin wurde die Erarbeitung von gesundheitspolitischen Forderungen für den Parteitag beschlossen.

Im Juli wird der Parteivorstand seinen Leitantrag zur Diskussion in der Partei veröffentlichen. Außerdem beschloss die Tagung, eine Kommunalpolitische Kommission mit Männe Grüß als Leiter zu bilden und eine Kulturkommission mit Toni Köhler-Terz als Leiter.

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"Ein nützliches Alarmzeichen", UZ vom 21. Juni 2019



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