Zum Tarifeinheitsgesetz

Einheit geht vor

Die Erklärungen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zum Start der Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn AG zeigen deutlich, dass die GDL nicht nur den üblichen Konflikt einer Tarifauseinandersetzung sieht, sondern auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als Gegner auserkoren hat. Vor dem Hintergrund der Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) durch die Deutsche Bahn AG mutiert diese Auseinandersetzung  zu einer Art finalen Entscheidungsschlacht, deren Ausgang nur Verlierer haben kann.

Die EVG organisiert mit über 50 Prozent die Mehrheit, die von den Lokführern dominierte GDL etwa 8 Prozent der Beschäftigten bei der Deutschen Bahn AG. Ohne Zweifel ist es das Recht einer Gewerkschaft, sich für die Interessen ihrer Mitglieder einzusetzen und Tarifverträge abzuschließen – unabhängig davon, wie groß die Organisation ist. Es ist jedoch der falsche Weg, diese Auseinandersetzung für den Kampf gegen eine andere Gewerkschaft zu nutzen.

Es gibt einige Punkte, die ein Verständnis schwer machen. Zu ihnen gehören die Beschimpfungen bis hin zur Kriegserklärung, aber vor allem auch inhaltliche Differenzen. So tritt die GDL – dem neoliberalen Mainstream entsprechend – für die Zerschlagung der Deutschen Bahn ein. Das würde zehntausende Arbeitsplätze kosten. Sie will den öffentlichen Personenverkehr noch stärker als ohnehin schon der Profitlogik ausliefern und damit eine ökologische Verkehrswende unmöglich machen.

Hinzu kommt populistisches Spaltungsgebaren, indem versucht wird, den „Overhead“, zu dem zirka ein Drittel der Beschäftigten gehören, gegen die „richtigen“ operativen Eisenbahner auszuspielen. Die GDL fordert nämlich den Abbau von mindestens 50 Prozent des sogenannten Wasserkopfes. Dessen Anwachsen ist häufig auf Beschlüsse der Bundesregierung beispielweise aufgrund von Sicherheitsbestimmungen zurückzuführen. Auch der Aufbau von Personal in der Konzernholding wurde durch die Zentralisierung von Servicecentern für Personal und Buchhaltung verursacht und war von Rationalisierungen in den Geschäftsfeldern der DB begleitet.

Das Tarifeinheitsgesetz ist abzulehnen. Der Konfliktgegner kann nur das Unternehmen und dessen Eigentümer sein – nicht die Kolleginnen und Kollegen, die sich in einer anderen Gewerkschaft organisiert haben. Auch dann nicht, wenn sie anderer Meinung sind.

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"Einheit geht vor", UZ vom 7. Mai 2021



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