Am 27. Oktober 1936 formierte sich das Garibaldi-Bataillon

Heute in Spanien, morgen in Italien

Von Gerhard Feldbauer

In der Chronik über die Vereidigung der Spanischen Republik gegen die von Hitler und Mussolini militärisch massiv unterstützten Franco-Faschisten haben die italienischen Antifaschisten ruhmreiche Seiten geschrieben. Unter den Antifaschisten, die Volksfrontspanien zu Hilfe kamen, waren 3 354 Italiener. Die ersten von ihnen kämpften bereits im August 1936 in der Centuria Giustizia e Libertá an der Aragonfront. Am 27. Oktober 1936 formierten dann 600 von ihnen das Garibaldi-Bataillon, dessen ersten Kommandeur der Republikaner Randolfo Pacciardi wurde. Nachdem dieser in der Schlacht am Jarama verwundet wurde, übernahm der Kommunist Ilio Barantino das Kommando. Er hatte zuvor mit 37 italienischen Kommunisten in der Armee Kaiser Haile Selassies 1935/36 an der Verteidigung der Unabhängigkeit Äthiopiens gegen den kolonialen Überfall Mussolinis teilgenommen. Mit dem Zustrom weiterer Kämpfer wurde das Bataillon am 1. Mai 1937 zur Brigade mit vier Bataillonen formiert.

Aus dem faschistischen Italien waren bereits am 31. August die ersten 20 Flugzeuge für die Franco-Faschisten in Spanien eingetroffen. Unter dem Kommando von General Mario Roatta stellte Mussolini ein vier Divisionen umfassendes Interventionskorps für Spanien auf, das ab Januar 1937 zum Einsatz kam. Das zunächst 35000 Mann zählende Kontingent stieg auf 60000, später auf bis zu 150000 an. Die motorisierten Truppen waren modern ausgerüstet und bewaffnet. Sie verfügten über 800 Kampfflugzeuge sowie 8 000 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. 90 Kriegs- und Transportschiffe versorgten das eigene Korps und die Franco-Truppen. Sie blockierten republikanische Häfen und beschossen Küstenbefestigungen. Die Luftwaffe griff zusammen mit der „Legion Condor“ Hitlerdeutschlands die Stellungen der republikanischen Armee an und bombardierte Städte. Es sei an den Angriff der „Legion Condor“ auf die nordspanische Stadt Guernica y Luno in der Provinz Biskaya nördlich von Bilbao erinnert, die am 26. April 1937 völlig vernichtet wurde. „Die ganze Stadt mit ihren 7 000 Einwohnern und den 3 000 Flüchtlingen ist langsam und systematisch in Stücke zerschlagen worden“, schrieb der Spanienkorrespondent der Londoner „Times“.

Mit 1 119 Interbrigadisten stellte die IKP den größten Teil der Kämpfer. 310 gehörten der ISP, der Italienischen Sozialistischen Partei, an, die übrigen waren größtenteils parteilos. Unter den Interbrigadisten befand sich der IKP-Vorsitzende Luigi Longo, dem als Generalinspekteur im Range eines Divisionsgeneral das Kommando über alle Internationalen Brigaden übertragen wurde. Politischer Kommissar wurde der ISP-Vorsitzende Pietro Nenni. Unter seinem Kampfnamen „Gallo“ wurde Longo als einer der führenden Militärs der Spanischen Republik bekannt. Nach einer schweren Verwundung kam er 1939 nach Frankreich, wurde in Paris verhaftet, ins Konzentrationslager Vernet gesperrt, von dort 1941 nach Italien ausgeliefert und eingekerkert. Nach dem Sturz Mussolinis im Juli 1943 wurde er zusammen mit San­dro Pertini einer der beiden Stellvertretenden Befehlshaber der Partisanenarmee.

Am 13. November 1936 prägte Carlo Rosselli, einer der Führer der Giustizia e Libertà, in einer Rede in Radio Barcelona für den Kampf der Antifaschisten seines Landes die prophetische Losung „Heute in Spanien, morgen in Italien“. Zusammen mit seinem Bruder Nello wurde er während eines Einsatzes in Frankreich am 9. Juni 1937 von Agenten des faschistischen Geheimdienstes SIM in Bagnoles-sur-l‘Orne (Normandie) ermordet.

Die von Carlo Rosselli geprägte Losung wurde zum Schwur, mit dem die italienischen Antifaschisten in den Kampf zogen. Bei der Verteidigung von Madrid im November 1936, an der Jarama-Front, bei Guadalajara nördlich der Hauptstadt im März 1937, bei Brunete westlich von Madrid im Juli 1937 trafen die Garibaldiner direkt auf die Mussolini-Truppen. Mit den Kämpfern des legendären 5. Regiments von General Lister hielten sie die Angriffe auf und fügten den Faschisten schwere Verluste zu. Von besonderer Bedeutung war die Niederlage der italienischen Faschisten in der Schlacht von Guadalajara, weil sie ihnen vor allem vom Garibaldi-Bataillon zugefügt wurde, was den Antifaschisten in Italien die doppelte Zusicherung gab, dass die Flamme des Widerstandes noch brannte und die Macht des Faschismus nicht unüberwindbar war.

Der Kampf der Antifaschisten in Spanien gab der Widerstandsbewegung in Italien Auftrieb, was sich vor allem darin zeigte, dass Kommunisten und Sozialisten sich weiter annäherten. Das zwischen ihnen 1934 geschlossene Aktionseinheitsabkommen wurde am 27. Juli 1937 mit einem klaren Bekenntnis vertieft. Beide Arbeiterparteien stellten sich als Ziel, „die Beseitigung des Faschismus und Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft“. Als eine Etappe auf diesem Weg nannten sie die „Errichtung einer Demokratischen Republik unter Führung der Arbeiterklasse“, die „dem Volk Brot, Frieden und Freiheit sichert und die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die ökonomischen Grundlagen der Reaktion und des Faschismus vollständig zu zerstören“. Dazu wurden als grundlegende Aufgaben „die Nationalisierung des Monopolkapitals in der Industrie und im Bankwesen und die Vernichtung jeder Art von Feudalismus auf dem Lande“ genannt. Das Abkommen verwies auf die drohende Gefahr eines europäischen oder Weltkrieges, die durch die Kapitulationspolitik der Westmächte gegenüber den faschistischen Provokationen und Erpressungen erhöht werde. „Wenn ein solcher Konflikt dennoch ausbrechen sollte, wird ihn das Proletariat zur Grabstätte des Faschismus machen.“

Das einheitliche Handeln der Arbeiterparteien zog erhebliche kleinbürgerliche Schichten sowie Angehörige der Intelligenz auf ihre Seite. Studenten, Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler schlossen sich der antifaschistischen Bewegung an. Alberto Moravia, der bereits 1929 mit seinem Roman „Die Gleichgültigen“ den moralischen Niedergang der bürgerlichen Gesellschaft angeprangert hatte, veröffentlichte 1935 mit „Gefährliches Spiel“ Satiren auf den Faschismus. Von Cesare Pavese erschienen unter dem Titel „Arbeit macht müde“ aufrüttelnde Gedichte. Elio Vittorini schrieb über die Unterdrückung der Volksschichten auf Sizilien. Renato Guttuso schuf das Gemälde „Erschießung“, das er dem von den Franco-Faschisten 1936 ermordeten spanischen Dichter Federico Garcia Lorca widmete. Der Bildhauer Giacomo Manzù trat dem Mailänder Kreis antifaschistischer Künstler bei, der die Zeitschrift „Corrente“ herausgab.

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"Heute in Spanien, morgen in Italien", UZ vom 28. Oktober 2016



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