Nach 46 Tagen wird politischer Gefangenen zivile Kleidung ausgehändigt

Hungerstreik erfolgreich beendet

Nach der Festnahme von Özgül Emre am 16. Mai in Heidelberg war die linke Aktivistin in den unbefristeten Hungerstreik getreten, weil sie in der JVA Rohrbach Anstaltskleidung tragen sollte.

Nun hat sie einen politischen Erfolg errungen.

Der Generalbundesanwalt wirft ihr und zwei weiteren Aktivisten, die am gleichen Tag festgenommen wurden, die Mitgliedschat in der in der BRD verbotenen linken Organisation DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) vor. Özgül Emre, Ihsan Kübelik und Serkan Küpeli sollen damit Mitglieder in einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach Paragraf 129b sein. Özgül Emre wird gar vorgeworfen die Deutschlandverantwortliche der Organisation zu sein.

Individuelle Straftaten werden der Gefangenen indes nicht vorgeworfen. Es geht laut Repressionsbehörden um die Organisation eines Grup Yorum Konzertes in Oberhausen und verschiedenen politische Veranstaltungen.

Während die beiden anderen Festgenommenen ihre reguläre Kleidung in den Justizvollzugsanstalten Köln-Ossendorf und Hamburg tragen konnten, wurde der linken Journalistin, die vor ihrem Exil in der BRD für die linke Zeitung Kurtulus (Befreiung) bearbeitet hatte, diese Schikane zu teil.

Dabei gibt das Justizvollzugsgesetz des Bundeslandes Rheinland-Pfalz diese Maßnahme nur in Ausnahmefällen her und wurde von der Betroffenen als eine Aufforderung zur Unterwerfung wahrgenommen. Die juristische Begründung, es könnten Botschaften oder Waffen in der Kleidung versteckt sein, weißt der Rechtsanwalt von Özgül Emre als lächerlich zurück.

„Sogar meinen Kolleginnen und Kollegen in der Türkei, die unter schwierigsten Bedingungen politsche Gefangene verteidigen, sind solche Konstrukte unbekannt.“, erklärt Sözen gegenüber UZ.

Sözen bezeichnete dies als eine willkürliche Anordnung zum Nachteil seiner Mandantin, die sofort zurück genommen werden müsste. Außerdem kündigte er gegenüber der Anstaltsleitung mögliche rechtliche Schritte an, weil seiner Mandantin über einen längeren Zeitraum die Einnahme von Salz und Zucker verwehrt wurde, was während eines Hungersteiks elementar ist, um bleibende Schäden zu verhindern. Der lebensbedrohliche Zustand von Özgül Emre kann als eine direkte Konsequenz dieser Entscheidung gewertet werden.

Unterstützer-Gruppen hatten nach Bekanntwerden der Festnahme und des Hungerstreiks sowohl vor dem Bundesgerichtshof in Kassel als auch vor der JVA Rohrbach und zuletzt dem Justizkrankenhaus Wittlich ständig besetzte Protestzelte errichtet, um Özgül Emre in ihren Forderungen zu unterstützen.

Ins Krankenhaus war Özgül Emre aufgrund ihres Gesundheitszustandes verlegt worden. Sowohl die JVA Rohrbach als auch das Justizkrankenhaus verweigerten jede Stellungnahme.

Anstaltsleiterin Annabel Franzen wird sich wohl die Frage gefallen lassen müssen, wie es sein kann, dass eine politische Gefangene sich erst fast zu Tode hungern muss, um in den Genuss eines Grundrechtes zu gelangen. Auch der Entzug von Salz und Zucker erfüllt laut Sözen den Verdacht einer vorsätzlichen Handlung.Im Namen seiner Mandantin behält er sich weitere juristische Schritte vor.

Unterm Strich bleibt jedoch die Erkenntnis, dass Widerstand sich lohnt und auch unter Bedingungen der Gefangenschaft erfolgreich sein kann.

Unser Autor ist Bundessprecher der Roten Hilfe e.V.



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