Keine Ausrede, kein Geld

Ulrich Schneider zum Verfahren gegen die NPD

Am 17. Januar 2017 will das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zum NPD-Verbotsantrag verkünden. Ohne dass bereits belastbare Informationen bekannt sind, spekulieren bürgerliche Medien – allen voran die Bild-Zeitung – bereits über ein Scheitern des Verfahrens. Und sie liefern auch gleich entsprechende Begründungen. Für die einen ist die NPD längst zu unbedeutend, nur noch eine ostdeutsche Regionalpartei, so dass sie keine Gefahr für unsere Verfassung darstelle. Die anderen glauben, dass Europäisches Recht ein Parteienverbot unmöglich mache. Viele Begründungen klingen so, als wolle man im Interesse der NPD bereits Stimmung gegen ein mögliches Verbotsurteil machen.

Antifaschisten sollten sich stattdessen noch einmal mit den Gründen für ein NPD-Verbot befassen. Schon seit Gründung der NPD Mitte der 60er Jahre in der alten BRD forderte die VVN, diese neofaschistische Partei gemäß Artikel 139 GG, der das Fortgelten der alliierten Vorschriften zur Befreiung von Militarismus und Nazismus beinhaltet, aufzulösen. Bekanntlich war das politisch nicht durchsetzbar, aber die Landesregierungen haben nun – nach dem aus formalen Gründen abgewiesenen ersten Verfahren – mit einer neuen, umfänglichen Materialsammlung die verfassungswidrige Programmatik und Praxis der NPD ebenfalls nachgewiesen. Sie sehen in der NPD insbesondere in den neuen Ländern einen politischen Machtfaktor und den Kern der gewaltbereiten neofaschistischen und rassistischen Szene. Der CDU-Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, betonte daher, ein Parteienverbot werde die Szene nicht nur bundesweit nachhaltig erschüttern, sondern auch die Finanzquellen weiter austrocknen. Selten konnte man als Antifaschist einem CDU-Minister mehr zustimmen als bei dieser Aussage.

Egal, ob es zu einem Verbot kommt oder nicht, das Problem der extremen Rechten in unserem Land ist damit nicht beseitigt. Keiner – auch nicht die 175 000 Menschen, die die Kampagne „nonpd – NPD-Verbot jetzt!“ unterstützt haben – wird erwarten, dass mit einem Parteiverbot das rassistische Denken, die fremdenfeindlichen Übergriffe beendet wären. Aber die Bedingungen antifaschistischen Handelns wären deutlich besser.

Kein Bürgermeister oder Landrat kann sich mehr bei einer rechten Demo dahinter verstecken, man müsse einer zugelassenen Partei auch das Aufmarschrecht ermöglichen. Kein Cent Steuergelder muss mehr in die Finanzierung neofaschistischer Strukturen und Propaganda fließen. Immerhin wird die NPD gegenwärtig zu über 50 Prozent mit staatlichen Geldern finanziert – und darin sind die Zahlungen an die V-Leute noch nicht einmal enthalten. Ein Verbot würde diese Geldquelle zum Erliegen bringen.

Und deshalb bleibt es auch nach dem 17. Januar 2017 dabei: Antifaschistische Wachsamkeit, Gegenwehr und Widerstand gegen extrem rechte Aufmärsche und andere Provokationen ist unverzichtbar. Und wir brauchen dazu alle, die bereit sind, der rechten Entwicklung aktiv entgegenzutreten: Diejenigen, die als „Stammtisch-Kämpfer“ der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ die inhaltliche Auseinandersetzung mit Thesen der AfD suchen, diejenigen, die als Gewerkschafter im Betrieb gegen „Standort-Nationalismus“ und rechte soziale Demagogie auftreten, diejenigen, die als Aktivist antifaschistischer Strukturen ihre Arbeit auch mit der Kritik bestehender Verhältnisse verbinden. Breite antifaschistische Bündnisse bleiben unverzichtbar – ob mit oder ohne NPD-Verbot.

Ulrich Schneider ist Bundessprecher der VVN-BdA

und Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR).

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"Keine Ausrede, kein Geld", UZ vom 13. Januar 2017



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