Über Habecks Ukraine-Reise

Leichenfledderei

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war schon im Mai 2021 an die Front zwischen Donbass und Ukraine gereist, um anschließend die Lieferung von „Defensivwaffen“ zu fordern. Damals traf das noch auf den Unmut der grünen Basis. Heute sieht das bekanntermaßen anders aus.

Anfang der Woche kehrte er in die Ukraine zurück. Mit ihm reisten einige der vorzüglichsten Vertreter der deutschen Kapitalistenklasse, unter anderem der BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Über ein Jahr lang haben der Minister und seine Freunde in den Konzernspitzen nun Waffen und Tod in das Land geliefert, verhindert, dass Pazifisten und Diplomaten die Oberhand gewinnen, viel Geld und Mühe investiert. Da ist es nur natürlich, dass sie nach all der Zeit nachgucken wollen, ob die Zerstörung auch die gewünschten Ausmaße erreicht.

Habeck wurde nicht enttäuscht. „Brutal viel Geld“ werde der Wiederaufbau kosten, verkündete er im Interview mit dem ZDF. Das „Wiener Institut für vergleichende Wirtschaftsforschung“ hatte die Kosten schon Mitte März auf 450 Milliarden bis 1 Billion US-Dollar geschätzt. Dass davon vor allem die Auftragsbücher westlicher Konzerne profitieren sollen, ist kein Geheimnis. Gerade deshalb reisten die Kriegsprofiteure und Leichenfledderer ja auch im Schlepptau des Ministers.

Den ersten Erfolg verbuchte der Pharmakonzern Bayer, der mit einem Investment von 60 Millionen Euro dabei ist.

Doch Habeck wäre nicht er selbst, wenn er es dabei beließe. Nach seinen Vorstellungen soll der Wiederaufbau sofort beginnen, während der Krieg noch tobt. Um das zu ermöglichen, sollen nicht nur Aufträge mit öffentlichen Geldern bezahlt, sondern auch staatliche Investitionsgarantien erteilt werden. Dadurch können Konzerne ihre Produktion mitten im Bombenhagel aufziehen. Denn, wie Habeck erklärt: „Sollte dieses Fabrikgebäude zerstört werden, durch Raketenangriffe beispielsweise, garantiert oder haftet der deutsche Staat.“

Damit schafft das Wirtschaftsministerium die Voraussetzungen für eine Verlängerung des Krieges, verbunden mit einem andauernden Zirkel von Aufbau und Zerstörung. Für das deutsche Monopolkapital, das nun risikofrei Bomben und Bautrupps im Wechsel schicken kann, ist es eine Lizenz zum Gelddrucken. Für Russwurm und Co. hat sich die Reise gelohnt.

Über den Autor

Vincent Cziesla, Jahrgang 1988, ist seit dem Jahr 2023 Redakteur für das Ressort „Politik“. Der UZ ist er schon seit Jahren als Autor und Verfasser der „Kommunalpolitischen Kolumne“ verbunden. Während eines Praktikums lernte er die Arbeit in der Redaktion kennen und schätzen.

Cziesla ist Mitglied des Neusser Stadtrates und war von 2014 bis 2022 als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer der Linksfraktion in Neuss beschäftigt. Nebenberuflich arbeitet er in der Pflege und Betreuung von Menschen mit Behinderung.

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"Leichenfledderei", UZ vom 7. April 2023



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