In einer gemeinsamen Einsatzeinheit operiert die Bundespolizei mit der französischen Gendarmerie Nationale

Militarisierung auf Französisch

Andrej Hunko

Seit letztem Jahr formiert die Bundespolizei mit der Gendarmerie Nationale aus Frankreich eine „deutsch-französische Einsatzeinheit“ (DFEE). Ihre Einrichtung hatten die beiden Regierungen im Aachener Vertrag verabredet. In der DFEE arbeitet die Bundespolizei mit einer Einheit zusammen, die zwar vom französischen Innenministerium kommandiert, jedoch vom Verteidigungsministerium ausgebildet und bezahlt wird. Die Gendarmerie Nationale verfügt als „robuste Polizeieinheit“ über Auslandserfahrung in Bürgerkriegsgebieten.

Durch die Hintertür erhält die Bundespolizei also militärische Kenntnisse, was eklatant dem in Deutschland verfassungsrechtlich normierten Trennungsgebot von Polizei und Militär widerspricht. Die Zusammenarbeit könnte sich über Umwege auch auf Deutschland auswirken, denn die französische Einsatztaktik von Gendarmerien ist in der Regel konfrontativer als die ziviler Polizeien. Neben Tränengas nutzen Gendarmerien beispielsweise auch Gummigeschosse oder Granaten, mit denen ebenfalls Gummischrot versprengt wird.

Die Zusammenarbeit in der DFEE regelt eine Verwaltungsvereinbarung, die Deutschland und Frankreich im Oktober am Rande eines Ministerrates unterschrieben haben. Die DFEE besteht zunächst aus jeweils 15 Beamtinnen und Beamten beider Länder.

Zur Aufstandsbekämpfung haben die Bundespolizei und die Gendarmerie Nationale bereits in Deutschland und Frankreich Wasserwerfer- und Knüppeleinsätze gegen Demonstrierende geübt. Diese Fähigkeiten konnte die DFEE beim G7-Gipfel im Sommer letzten Jahres im französischen Biarritz einsetzen. Auch bei Bierfesten wie dem Münchner Oktoberfest geht die gemeinsame Einheit auf Streife.

Zu den Verabredungen des deutsch-französischen Ministerrates gehören auch die „Bekämpfung von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus“ sowie eine bessere „Steuerung der Migrationsströme in Europa“. Unter anderem wollen die beiden Regierungen zur Stärkung der EU-Grenzagentur Frontex beitragen. Explizit genannt wird die Durchführung von Frontex-Einsätzen „in migrationskritischen Gebieten“ in der EU und in Drittstaaten. Außerhalb Europas wird das vermutlich zuerst die Sahel-Region betreffen, in der die DFEE „als Verstärkung“ bei europäischen Militäreinsätzen operieren könnte. Tatsächlich soll die Bundespolizei im Rahmen der DFEE in ehemaligen französischen Kolonien eingesetzt werden. Das hat mir das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine Kleine Anfrage bestätigt.

Neben diesen „frankophonen Drittstaaten“ kommt die Truppe in der heimischen Migrationsabwehr zum Zuge. Erste Einsätze erfolgten in sogenannten „Hubschraubersprungfahndungen“ an der deutsch-französischen Grenze.
Die neue Zusammenarbeit mit der Gendarmerie Nationale führt zu einer Militarisierung der Bundespolizei à la française, sowohl im Innern bei Gipfelprotesten und unerwünschter Migration als auch in Auslandseinsätzen. Berüchtigt ist die Gendarmerie Nationale auch in ihrer ausufernden Gewalt bei Protesten, dies bekommen nicht nur die „Gelbwesten“ zu spüren. Mit dieser Truppe kann es keine Zusammenarbeit geben. Die Bundesregierung muss die französische Repression stattdessen unmissverständlich verurteilen.

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"Militarisierung auf Französisch", UZ vom 24. April 2020



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