Zur Änderung der Grundsicherung

Minimale Trippelschritte

Seit der Einführung von ALG II zum 1. Januar 2005 soll es jetzt das 11. Änderungsgesetz geben. Bei dem Gesetz ging es nicht um die Grundsicherung bei Arbeitssuche, sondern um Abschreckung und Disziplinierung der noch Beschäftigten.

Der nun vorliegende Referentenentwurf entspricht zwar nicht den Forderungen der Erwerbslosenverbände, dennoch sind kleine positive Korrekturen zu erkennen. So soll die Vermögensprüfung, wie zur Zeit durchgeführt, erst bei einem Vermögen von 60.000 Euro für die erste Person und zusätzlich 30.000 Euro für jede weitere Person stattfinden.

Wichtiger als die Vermögensprüfung ist jedoch der Plan, die Kosten der Unterkunft in den ersten zwei Jahren in tatsächlicher Höhe zu übernehmen und erst dann auf die Angemessenheit zu überprüfen.

Die Sanktionen sollen zwar grundsätzlich beibehalten werden, aber entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts auf 30 Prozent des Regelbedarfs begrenzt und die derzeitigen Sonderregelungen für die unter 25-Jährigen abgeschafft werden.

Die Eingliederungsvereinbarungen sollen stärker als bisher auf die individuellen Erfordernisse ausgerichtet und der Vermittlungsvorrang zu Gunsten einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt aufgegeben werden. Familien sollen verbesserte Leistungen bekommen. Das Mutterschaftsgeld soll zukünftig nicht mehr als Einkommen angerechnet werden. Einmalige Einnahmen sollen zukünftig nur im Monat des Zuflusses als Einkommen angerechnet werden. Damit entfällt die Aufteilung auf sechs Monate. Für Rückforderungen soll eine Bagatellgrenze eingeführt werden.

Es sind minimale Trippelschritte in die richtige Richtung zu erkennen, aber Entscheidendes wird wieder nicht angegangen, wie beispielsweise der Verzicht auf Sanktionen, die grundsätzliche Übernahme der Wohnungskosten, auch über die angedachten zwei Jahre hinaus, oder höhere Freibeträge bei Erwerbseinkommen. Zur Höhe der Bagatellgrenze wird sich ausgeschwiegen, die Ehrenamtspauschale wird unverändert weitergeführt. Alles in allem: kein großer Wurf. Wie sollte es auch? Geht es doch nicht um Grundsicherung, sondern um Anpassung der Betroffenen an die Kapitalverwertung beziehungsweise ihre Aussortierung.

Da hilft nur ein grundsätzlich neues Gesetz.

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"Minimale Trippelschritte", UZ vom 12. Februar 2021



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