Israel wütet weiter in Gaza – USA wollen Handelsschiffe schützen

Mörder und Wohlstandswächter

19.453 Palästinenserinnen und Palästinenser sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Gaza seit Kriegsbeginn getötet worden, laut UNICEF sind mehr als 5.000 von ihnen Kinder. 52.286 Menschen wurden verletzt, ihre Behandlung wird täglich schwieriger. Am Sonntag hat nach Angaben des Generaldirektors der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, die israelische Armee das Kamal-Adwan-Krankenhaus im Norden von Gaza zerstört. Damit sind nur noch elf der 36 Krankenhäuser in Gaza in – eingeschränktem – Betrieb.

Mit unverminderter Härte attackiert Israel Gaza aus der Luft und auf dem Boden, die Menschen versuchen in den Trümmern zu überleben. Doch auch wenn – wie am Sonntag erstmals seit Beginn des Krieges – vereinzelte Hilfslieferungen nun auch von israelischer Seite nach Gaza kommen, wird das immer schwieriger. Neben Wasser, Treibstoff und Grundnahrungsmitteln wird nun auch Brennholz knapp.

Papst Franziskus nannte das Vorgehen Israels in einer Predigt am Sonntag „Terrorismus“, „Human Rights Watch“ stellte fest, Israel nutze das Aushungern von Zivilisten als Mittel der Kriegsführung, dies sei ein Kriegsverbrechen.
Auch in Israel selbst wächst die Kritik an der Kriegsführung der Regierung Netanjahu. Zu offensichtlich wird die Skrupellosigkeit der Armee und die Missachtung palästinensischen Lebens. Dazu beigetragen hat auch die Erschießung dreier israelischer Geiseln durch die israelische Armee in Gaza. Die Männer waren unbewaffnet und mit einem weißen Stück Stoff aus einem Gebäude gekommen, die Soldaten hatten das Feuer eröffnet.

Kurz darauf hat ein Scharfschütze eine Frau und ihre Tochter erschossen, die in einer katholischen Kirche Zuflucht gesucht hatten – „kaltblütig“ nannte das lateinische Patriarchat von Jerusalem die Tat. Israelische Panzer hatten zudem ein Kloster auf dem Kirchengelände beschossen, in dem 50 Menschen mit Behinderung leben.

Im Roten Meer greifen die Ansar Allah weiter Schiffe an, die die israelischen Häfen ansteuern. Die USA – seit Beginn des Krieges gegen Gaza mit zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen in den Gewässern präsent – haben nun eine Militärallianz zum Schutz der Handelsschiffe gegründet. Unter dem für sich sprechenden Namen „Operation Prosperity Guardian“ (Operation Wohlstandswächter) will das Bündnis, zu dem unter anderem Britannien, Italien, Frankreich und Kanada gehören, absichern, dass der Völkermord in Gaza keine Auswirkung auf ihren Handel hat. Ihre Erfolgsaussichten sind gering. Am Montag erklärte mit Evergreen Line die erste Reederei, das Risiko nicht mehr einzugehen: „Für die Sicherheit von Schiffen und Besatzung hat Evergreen Line beschlossen, die Annahme israelischer Fracht mit sofortiger Wirkung vorübergehend einzustellen.“ Andere werden dem Beispiel folgen.

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Über die Autorin

Melina Deymann, geboren 1979, studierte Theaterwissenschaft und Anglistik und machte im Anschluss eine Ausbildung als Buchhändlerin. Dem Traumberuf machte der Aufstieg eines Online-Monopolisten ein jähes Ende. Der UZ kam es zugute.

Melina Deymann ist seit 2017 bei der Zeitung der DKP tätig, zuerst als Volontärin, heute als Redakteurin für internationale Politik und als Chefin vom Dienst. Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte sie bei der Arbeit für die „Position“, dem Magazin der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend.

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"Mörder und Wohlstandswächter", UZ vom 22. Dezember 2023



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