Über gefüllte Kriegskassen in der Krise

Nullrunde für die Rüstung

In der Krise müssen alle den Gürtel enger schnallen. Diese Lüge bekamen zuletzt die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes und des Öffentlichen Personennahverkehrs zu hören und zu spüren. Wie können sie es wagen, mitten in Wirtschaftskrise und Pandemie zu streiken? Den Arbeitgeberverband von Bund und Kommunen ermutigte das, mit einem dreisten 1-Prozent-Angebot in die Verhandlungen zu gehen. Am Ende ist etwas mehr rausgekommen – beginnend mit sieben Nullmonaten.

Gleichzeitig steigt die Zahl der Millionäre in Deutschland. Nach Zahlen des „Global Wealth Report 2020“ ist die Zahl der Dollar-Millionäre von Januar bis Juni um 58.000 angestiegen. Das oberste Prozent der Wohlhabenden hält rund 29 Prozent des Gesamtvermögens in der Hand. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer.

Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Rüstung und Krieg. Allein Deutschlands Ausgaben für die NATO klettern im Corona-Jahr 2020 von 46,9 Milliarden 2019 auf den Rekordwert von 51,5 Milliarden Euro. SPD-Verteidigungsexperte Fritz Felgentreu steht zur Aufrüstung in Krisenzeiten. Die Bundeswehr unterstütze die Gesundheitsämter bei der Bewältigung der Covid-19-Pandemie und von den Rüstungsausgaben gingen schließlich auch konjunkturelle Impulse aus. „Die Krise“, so der SPD-Mann, „liefert keine Argumente, um Verteidigungsausgaben zu senken.“

Da wundert es nicht, dass seine Bundesregierung den an dieser Stelle schon gewürdigten Bericht der Münchener Sicherheitskonferenz „Zeitenwende – Wendezeiten“ – man muss ihn lesen! – mitfinanziert hat. Der Bericht lobt Fortschritte: Deutschland habe seine Ausgaben für Verteidigung seit 2014 um etwa 40 Prozent erhöht; habe an internationalen Brennpunkten – zum Beispiel im „russisch-ukrainischen Konflikt“ – eine Führungsrolle übernommen; beteilige sich an militärischen Operationen im Rahmen der Vereinten Nationen, von EU und NATO und sei mit militärischen Kräften an der „Ostflanke des Bündnisses“ präsent. Alles schön und gut, reicht aber nicht. In Bezug auf das 2-Prozent-Ziel der NATO müsse endlich Schluss sein mit der deutschen Nonchalance.

Aber auch mit den 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist es nicht getan. Die Münchener fordern den Plan B für den noch unwahrscheinlichen Fall, dass die USA nicht mehr mitspielen, vor allem aber wegen der wachsenden Bedrohung aus dem Osten: von Russland und China. Der Plan B heißt, die EU mit der „Möglich-Macher-Macht“ Deutschland an der Spitze, auf eigene Füße zu stellen. Dafür muss zuerst die Bundeswehr aus ihrem Elend befreit und auch allein kriegsführungsfähig gemacht werden. Zweiter Schritt: Auch die EU muss mit Deutschland und Frankreich an der Spitze fit für eigene Kriege werden. Außenminister Heiko Maas (SPD): „Das Ziel lautet: europäische Souveränität.“

Das ist verdammt viel Geld, das da noch aus den ach so leeren Kassen fließen soll. Und es ist noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Münchener Report legt deshalb großen Wert auf Strategien, um die immer noch kriegsunlustigen Deutschen umzudrehen. Wir wollen das Gegenteil bewirken und mehr und mehr Menschen gegen den Wahnsinn mobilisieren.

Der bundesweiten Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ ist es gelungen, ihren Arbeitsausschuss um Kolleginnen und Kollegen des DGB, der IG Metall und von ver.di zu erweitern. Für den 5. Dezember ruft die Initiative zu einem bundesweiten Aktionstag „Abrüstung und neue Entspannungspolitik“ auf. Sorgen wir dafür, dass die dabei sind, die stets den Gürtel enger schnallen sollen. Rauf mit den Löhnen, Nullrunde für die Rüstung! Für Frieden mit Russland und China! Das sind Losungen, mit denen die Kommunisten zu diesem Aktionstag mobilisieren.

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Über die Autorin

Wera Richter, geboren 1969, ist stellvertretende Parteivorsitzende der DKP und Chefredakteurin der UZ. Die journalistische Laufbahn begann in jungen Jahren mit einem Praktikum bei der UZ mit Rolf Priemer als Chefredakteur. Damals wurde die UZ wieder Wochenzeitung. Später arbeitete die gelernte Gärtnerin im Ressort Innenpolitik der Tageszeitung junge Welt. Auf dem 20. Parteitag der DKP 2013 wurde Wera Richter zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt und übernahm die Verantwortung für die Organisationspolitik. Ein Job, den sie in der SDAJ kennen und lieben gelernt hatte. 2020 löste sie Lars Mörking als UZ-Chefredakteur ab.

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"Nullrunde für die Rüstung", UZ vom 30. Oktober 2020



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