Aktion gegen Umweltzerstörung in Bottrop

Ohne Angst im Garten

Hermann Glaser-Baur

Lakshmi Niwas „Mittal“ ist eine schillernde Figur im wahrsten kapitalistischen Sinne des Wortes. Wöge man seine gut 18.5 Milliarden US Dollar Vermögen in Gold auf, der Glanz wäre erblindend! Mit DKP-Ratsherr Michael Gerber aus Bottrop hat der in Kensington lebende Inder außer dem Geburtsjahr 1950 nicht das Geringste gemeinsam, trotzdem muss hier von beiden gesprochen werden.

Seit 2011 ist die Bottroper Kokerei „Prosper“ Eigentum des „Arcelor-Mittal“-Konzerns. Vorstandsvorsitzender des weltweit größten Stahlproduzenten ist Lakshmi Mittal – in guter Tradition der reichen Familie hält der Chef alle Fäden in der Hand. Die Kokerei vergiftet den Süden Bottrops derart, dass für gut 16.000 Anwohner seitens des Landesumweltamts ein Verzehrverbot für selbst angebautes Gemüse erlassen wurde.

Alle Versuche der besorgten und zornigen Bürger und Behörden, die Chefetage der Dreckschleuder zu einer Verbesserung der Situation zu bewegen, blieben erfolglos; die Gründung einer Bürgerinitiative, deren Mitgliederzahl gegenwärtig gut 1.000 Menschen beträgt, war die richtige Konsequenz. Ulrich Duske, einer der Aktiven, gegenüber UZ: „Wir kämpfen für gesunde Luft, gegen die in extremer Konzentration von der Kokerei abgegebenen krebserzeugenden Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Wir kämpfen auch gegen die Bodenverschmutzung, wir wollen essen können, was wir im Garten anbauen, wir wollen nicht weiter mit Unwahrheiten seitens der Firmenleitung über Staub-, Öl- und Giftbelastung abgespeist werden.“

Die Bürgerinitiative brachte, wie ihr Sprecher sagt, „Michael Gerber mit ins Boot“. Der DKP-Ratsherr und Oberbürgermeisterkandidat bei den Kommunalwahlen im September nahm – auf seine Weise und auf seiner Seite der Klassentrennung – die Fäden für aktives Handeln in die Hand. Für den 27. August meldete er eine Mahnwache unter dem Titel „Kokerei vergiftet Gärten und Wohnungen“ an. Die sehr gut besuchte Aktion, der eine Sitzblockade der Werkseinfahrt folgte, zog außergewöhnlich starke Medienpräsenz (SAT 1 live, ZDF, RTL, der englische „Morning Star“ und viele andere) an. Michael Gerber sprach zu den Anwesenden: „Es ist unerträglich, dass die Menschen hier in Angst leben müssen. Ein durch Ehepaar Krzykowski in Auftrag gegebenes Fachgutachten weist die unglaublich hohen PAK-Konzentrationen nach. 600 Nanogramm pro Quadratmeter PAK auf dem Küchentisch und sogar 11.000 Nanogramm pro Quadratmeter am Giebelfenster zeigen, welchen Gefahren die Leute hier ausgesetzt sind.“

Das zitierte Gutachten des Instituts Mollin stellt fest: „Einem erhöhten Gesundheitsrisiko sind Menschen ausgesetzt, welche in Gebäuden wohnen oder sich lange in Räumlichkeiten aufhalten, in denen eine Belastung mit PAK vorliegt.“ Michael Gerbers mit großem Applaus aufgenommenes Fazit: „Die Stadt Bottrop, der Oberbürgermeister und auch die Bezirksregierung schützen Anwohner und vor allem auch Kokerei-Mitarbeiter nicht vor der Umweltvergiftung durch den Betrieb. Wir werden gemeinsam weiter öffentlich Druck machen.“

Die Hochzeit der Tochter Lakshmi Mittals im eigens dafür gemieteten Schloss von Versailles kostete selbst von bürgerlichen Medien als unglaublich bezeichnete 64 Millionen US-Dollar. Michael Gerber: „Wir fänden es schön, wenn derartiges Geld zur Beseitigung der Umweltzerstörung seitens des Arcelor-Mittal-Konzerns verwendet würde. Dafür werden wir kämpfen.“

Video von der Mahnwache der DKP Bottrop vor der Kokerei am 27. August

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"Ohne Angst im Garten", UZ vom 4. September 2020



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