Bericht vom Arbeits- und Sozialpolitischen Forum der IG Metall am 15.6.2015 in Berlin

Rentenniveau von 2000

Von Werner Altmann

Das Forum sollte als Zwischenbilanz der derzeitigen Regierungsarbeit dienen.

In seinem Eingangsreferat benannte Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, die Themen, die aus Sicht der Gewerkschaft zwar positiv in Richtung der Notwendigkeiten beschlossen wurden, aber noch Nachbesserungsbedarf haben. Dazu gehören die Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren, Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente, der Mindestlohn und damit verbunden die erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen.

Anschließend konstatierte Urban derzeitigen Stillstand in der Politik der Regierung und folgerte daraus, dass die IG Metall gefordert ist, noch deutlicher ihre Forderungen im Interesse der abhängig Beschäftigten an die Legislative heranzutragen – insbesondere einen deutlich erhöhten Mindestlohn ohne Ausnahmen, die Rente mit 63/65 sowie die Normalrente durch flankierende Maßnahmen wie eine Verbesserung des Arbeitsschutzes und Erhöhung des Rentenniveaus. Diese Erhöhung hat für die IG Metall Priorität; Ziel ist die Wiederherstellung des Rentenniveaus aus dem Jahr 2000 mit 53 Prozent.

Entschieden wandte sich Urban gegen die Forderung der Wirtschaft nach einem Belastungsmoratorium, insbesondere durch den sogenannten Bürokratieabbau, womit eigentlich Sozialabbau gemeint ist. Dem Gejammer der Unternehmer aus bestimmten Bereichen über das „Bürokratiemonster“ Arbeitszeitdokumentation setzte Urban entgegen: Mindestlohn ohne Dokumentation ist kein Mindestlohn. Prof. Sell von der Hochschule Konstanz sprach in der nachmittäglichen Diskussionsrunde davon, dass es den Unternehmern nicht primär um die Dokumentation ginge, sondern mehr um die Gefahr des Sichtbarwerdens der Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz.

Vehement forderte Urban vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), endlich die von der IG Metall vorgelegte Antistress-Verordnung zu erlassen, da dadurch der wachsenden Zahl der Erwerbsminderung durch psychische Belastungen begegnet werden kann. Als weitere Problemfelder nannte Urban prekäre Beschäftigung, Crowdworking und Mensch-Roboter-Systeme.

In der Diskussion wurde mehrfach auf die zusätzlich drohende Altersarmut durch die Nichtzahlung von Rentenbeiträgen bei Arbeitslosengeld-II-Beziehern hingewiesen. Als mögliche Alternative wurde eine Mindestrente benannt. Ebenso wurden erweiterte Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte gefordert, insbesondere auch beim Gesundheitsmanagement.

Insgesamt eine gute Veranstaltung, mit einer Dauer von 4,5 Stunden inklusive Mittagspause, lediglich deutlich zu kurz – zu viele TeilnehmerInnen kamen nicht mehr zu Wort.

Für weitere Foren wäre zu wünschen, dass sie stärker in den Betrieben vorbereitet werden, auch, um den Regierenden deutlich zu machen, wo den Beschäftigten, Erwerbslosen und Rentnern tatsächlich der Schuh drückt.

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"Rentenniveau von 2000", UZ vom 26. Juni 2015



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